Archivbild: U7, U-Bahn, Bahnhof Neukoelln, Berlin. (Quelle: dpa/Schoening)

Berlin Brandenburg U7-Verlängerung zum BER: Warum Fahrgast- und Umweltverbände dagegen sind

Stand: 27.04.2025 15:38 Uhr

Die Kosten-Nutzen-Analyse für die Verlängerung der U7 zum Flughafen BER ist positiv, aber drei Berliner Umweltschutz- und Fahrgastverbände sind dagegen: Sie kritisieren die Streckenführung und warnen vor den Kosten. Von Klaas-Wilhelm Brandenburg

Aus dem Untergrund in die Wolken - das könnte in einigen Jahren ganz normal sein: Wenn die Berliner U-Bahn-Linie 7 bis zum Flughafen BER verlängert wird. Sieben neue Stationen könnten entstehen, laut der Gemeinde Schönefeld (Landkreis Dahme-Spreewald) ist die Kosten-Nutzen-Rechnung positiv ausgefallen. Trotzdem sind sich der Berliner Fahrgastverband IGEB, der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) und der Verkehrsclub Nordost (VCD) einig: Sie lehnen die Verlängerung ab.
 
So schreibt der IGEB: Die Verlängerung sei "kurz- und mittelfristig entbehrlich". Der VCD hält das Projekt für "weder in besonderer Weise prioritär noch für besonders realistisch". Und der BUND nennt die mögliche neue Strecke sogar "total überflüssig" und meint, es sei "so ziemlich das letzte Verkehrsprojekt in Berlin und Brandenburg, das man braucht". Woher kommt diese starke Ablehnung?

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Mehr als jeder Zweite kommt schon mit Bus und Bahn zum BER

Ein Grund, den alle drei Verbände nennen: Der Flughafen sei schon jetzt bestens ohne eigenes Auto zu erreichen. "Vorzüglich" nennt der IGEB, "ganz hervorragend" der VCD das Angebot an S-Bahnen, Regionalzügen, Bussen und ICs. So fahren allein vom Ostkreuz alle Viertelstunde abwechselnd der RE8, der FEX und die RB23 zum BER.
 
Und diese Verbindungen werden offensichtlich auch genutzt: 54 Prozent der Fluggäste am BER nehmen Bus und Bahn zum Flughafen, wie der Flughafen auf rbb|24-Anfrage mitteilte. Gerade einmal 18 Prozent kommen mit dem Auto, jeder Zehnte mit dem Taxi und 18 Prozent mit anderen Verkehrsmitteln wie Fahrdiensten, Mietwagen, Car Sharing oder einem Fernbus. Von den Passagieren, die aus Berlin anreisen, erreichen sogar 64 Prozent den BER mit öffentlichen Verkehrsmitteln - also fast zwei Drittel.

Mehrere Straßenbahnen statt einer U-Bahn?

Deswegen haben IGEB, BUND und VCD auch Zweifel, ob bei einer U7-Verlängerung nicht zu viel Geld für zu wenig Menschen ausgegeben würde. "Wir sehen an der Stelle nicht den Bedarf für so ein teures Hochleistungsverkehrsmittel - dafür gibt es nicht die Verkehrsströme", sagt Nicolas Šustr vom BUND Berlin. Die Kosten der Verlängerung schätzte der Berliner Senat vor zwei Jahren bereits auf bis zu 890 Millionen Euro.
 
Mit diesem Geld könne man aus Sicht der Verbände stattdessen mehrere neue Straßenbahn-Linien bauen: "Das ist schneller umsetzbar, billiger und es gibt genug Bedarf", meint Christian Linow vom IGEB. So habe der Senat zuletzt die Straßenbahnen in der Leipziger Straße oder in der Neuköllner Gropiusstadt auf Eis gelegt und als Grund dafür die angespannte Haushaltslage angegeben.

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U7 macht Bogen ums Kosmosviertel

Auch für die Strecke zum BER sei statt einer U-Bahn eine Tram denkbar, findet Nicolas Šustr vom BUND: "Alles andere wäre Geldverschwendung!" Diese Straßenbahn müsse dann auch nicht bis zum BER fahren, sondern nur bis zum Bahnhof Schönefeld: "Sonst würde es viel durch die Pampa gehen", so IGEB-Sprecher Linow - also durch Gebiete, wo erst in Zukunft Wohnungen gebaut werden oder sich Firmen ansiedeln sollen.
 
Ein Gebiet, das mit der U7-Verlängerung laut aktuellen Planungen nicht angebunden werden soll, ist das sogenannte Kosmosviertel in Altglienicke - dabei leben dort etwa 5.000 Menschen. Auch das kritisieren IGEB, VCD und BUND, denn dort fahren bisher nur Busse. "Das Viertel ist unterversorgt", so Linow.

Pro Bahn ist pro Verlängerung

Der Fahrgastverband Pro Bahn dagegen begrüßt die U7-Verlängerung ausdrücklich. Ein Grund: Wenn Regional- und S-Bahnen mal wegen Bauarbeiten oder Streiks nicht fahren, gäbe es mit der verlängerten U7 eine Ausweich-Option. Fast alle Regionalzüge und die S-Bahn gehören zum Deutsche-Bahn-Konzern, die U-Bahn dagegen gehört zur BVG und damit dem Land Berlin - gleichzeitige Streiks sind daher recht unwahrscheinlich.
 
"Außerdem ist eine U7 bis zum BER auch für alle gut, die am Flughafen arbeiten und in der Nähe wohnen", glaubt Martin Pogatzki, Landesvorsitzender von Pro Bahn in Berlin. Eine Verlängerung der U7 nur bis zum Bahnhof Schönefeld würde für ihn im Zweifel aber auch reichen: Bereits dann würden viele Potenziale erschlossen, und das bei deutlich niedrigeren Baukosten.

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BER weicht Frage nach Notwendigkeit der Verlängerung aus

Auch der Flughafen BER selbst begrüßt "alle Überlegungen und Planungen, den Flughafen Berlin Brandenburg weiter in den öffentlichen Nah- und Fernverkehr einzubinden." Auf die Frage, ob der BER eine Verlängerung der U7 aber wirklich für notwendig hält, ist die Antwort schon ausweichender: Die Kosten-Nutzen-Analyse belege zwar "die volkswirtschaftliche Vorteilhaftigkeit des Verlängerungsvorhabens".
 
Der Bau einer U-Bahn-Linie stelle allerdings einen erheblichen Aufwand und eine erhebliche Investition dar und wäre mit jahrelangen Belastungen durch die Baumaßnahmen verbunden. "Insofern gilt es aus unserer Sicht, den Aufwand und die entstehenden Belastungen sorgfältig abzuwägen" - und das sei Aufgabe der Politik.

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