
Berlin Unterstützte Obdachlose in Berlin: Ärztin Jenny De la Torre gestorben
Seit den 1990er Jahren engagierte sich die gebürtige Peruanerin Jenny De la Torre in Berlin für Obdachlose. Sie richtete eine Stiftung ein und ein Gesundheitszentrum. Nun ist die Ärztin im Alter von 71 Jahren gestorben.
Die Medizinerin Jenny De la Torre Castro ist tot. Wie die von ihr ins Leben gerufene Berliner Stiftung dem rbb am Mittwoch auf Nachfrage bestätigte, starb De la Torre am Dienstag im Alter von 71 Jahren nach langer schwerer Krankheit in Berlin.
Die Ärztin wurde bekannt durch ihren Einsatz für obdachlose Menschen. Sie ist die Gründerin der Berliner Jenny De la Torre-Stiftung für Obdachlose. Die Stiftung teilte mit, die Welt verliere eine Frau, deren Leben und Wirken untrennbar mit der Idee von gelebter Solidarität verbunden war. Mit ihrer unerschütterlichen Hingabe habe sie das Leben der Ärmsten verändert.

Studium in der DDR, Promotion an der Charité
Jenny De la Torre Castro wuchs in den peruanischen Anden auf. "Ich wollte einfach nur Ärztin werden, weil ich durch meine Eltern gelernt habe, auch mit offenen Augen durchs Leben zu gehen", erklärte De la Torre später zu ihrer Berufswahl. "Ich habe viele Menschen gesehen, die nicht zum Arzt gehen, nur weil sie kein Geld haben. Weil es gab damals keine Versicherung und die Leute mussten immer bezahlen."
De la Torre bewarb sich 1976 für ein Stipendium in der DDR und studierte in Leipzig. Danach kam sie für die Facharztausbildung nach Ost-Berlin, wo sie an der Charité zur Kinderchirurgin ausgebildet wurde. Dort promovierte sie auch.

Behandelte Obdachlose ab 1994 am Berliner Ostbahnhof
Nach dem Studium zog Jenny De la Torre zunächst zurück nach Peru. Allerdings wurde dort ihr Abschluss nicht anerkannt. Zurück in Berlin arbeitete sie als Ärztin beim Projekt "Schwangere und Mütter in Not". Dazu sagte sie später: "Da hab ich erstmal meine erste Schule gemacht, was soziale Probleme sind, was obdachlose Frauen sind, was sie für Probleme haben. Ich glaube, kein Mensch allein ist dafür schuldig, was mit seinem Leben passiert. Die Gesellschaft trägt eine Mitverantwortung."
Jenny De la Torre definierte Obdachlosigkeit als "soziale Krankheit" und medizinische Hilfe als Menschenrecht.
Ihre erste eigene Praxis für Obdachlose eröffnete De la Torre 1994 am Ostbahnhof, in einem nur wenige Quadratmeter großen Kellerraum. 1997 erhielt sie für ihren Einsatz das Bundesverdienstkreuz, 2002 die Auszeichnung "Goldene Henne". Von dem Preisgeld gründet sie noch im selben Jahr die Jenny De la Torre-Stiftung, mit der sie unbürokratisch medizinische Hilfe für obdachlose Menschen organisieren wollte.

Mahnte staatliche Hilfen an
2006 folgte das Gesundheitszentrum für obdachlose Menschen in der Pflugstraße in Mitte. "Ich freue mich, dass ich meinen Patienten ein bisschen mehr anbieten kann als früher", sagte De la Torre dazu. "Zum Beispiel die Rechtsberatung, die psychologische Beratung, dass da eine Sozialarbeiterin da vor Ort ist und eine Friseurin vielleicht auch noch. Damit kann man schon was anfangen."
De la Torre mahnte, es sei die Pflicht des Staates, sich um Menschen am Rande der Gesellschaft zu kümmern. "Diese Menschen können nicht so lange warten. Ehe die Bürokratie angelaufen ist, da sind sie schon so krank, dass sie überhaupt nicht mehr können." Ihr Gesundheitszentrum sei der Beweis, dass man eben wohl etwas gegen die Probleme obdachloser Menschen tun könne.
Wegner: "Wichtige Stimme im Kampf gegen Obdachlosigkeit"
Der Berliner Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) würdigte De la Torre als "wichtige Stimme im Kampf gegen die Obdachlosigkeit". Mit großem Einsatz habe sie sich für Menschen in Not eingesetzt.
Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) nannte De la Torre eine "beeindruckende Frau". Sie habe sich darum gekümmert, dass Menschen, die auf der Straße leben, gesundheitlich versorgt, betreut und beraten werden.
Sendung: rbb24, 11.06.2025, 18:00 Uhr