Die CSU-Landesleitung in München.

Bayern "Skandalös": CSU-Kritik an CDU-Vorstoß zu neuem Umgang mit AfD

Stand: 16.04.2025 17:52 Uhr

Mehrere CSU-Politiker stellen sich gegen Rufe aus der CDU nach einem offeneren Umgang mit der AfD. Verfassungsfeinde könnten nicht wie die anderen Parteien behandelt werden – die AfD habe sich selbst disqualifiziert und sei gefährlich.

Von Petr Jerabek

Ein Großteil der vordersten CSU-Riege hält sich in der Debatte über den weiteren Umgang mit der AfD bedeckt: Parteichef Markus Söder, Generalsekretär Martin Huber und der Berliner Landesgruppenchef Alexander Dobrindt äußern sich auf BR-Anfrage vorerst nicht zu Forderungen aus der CDU, die AfD im Bundestag wie die anderen Fraktionen zu behandeln. Doch es gibt auch deutliche Ansagen von CSU-Politikern.

CSU-Fraktionschef Holetschek: AfD politisch bekämpfen

Klare Worte kommen vom bayerischen CSU-Fraktionsvorsitzenden Klaus Holetschek: "Eine Partei, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, kann niemals so behandelt werden wie jede andere", sagte er dem BR. "Die AfD muss deshalb politisch bekämpft werden – in den Parlamenten, in den Sozialen Medien und auf der Straße."

Die CSU-Innenexpertin im Bundestag, Mechthilde Wittmann, betont, die AfD sei in Teilen rechtsextrem und verhalte sich auch so. "Damit kann sie nicht als eine normale Fraktion behandelt werden, solange das so ist." CSU-Vorstandsmitglied Bernd Posselt bezeichnet die Rufe aus der CDU als "skandalös": Die Debatte sei geeignet, "die Front gegen die AfD aufzuweichen".

CDU-Vize Spahn stößt Debatte an

Angestoßen hatte die Diskussion CDU-Vize Jens Spahn. In der "Bild"-Zeitung sprach er sich dafür aus, "mit der AfD als Oppositionspartei so umzugehen in den Verfahren und Abläufen wie mit jeder anderen Oppositionspartei auch". Von mehreren prominenten Christdemokraten kam Unterstützung. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sagte im ZDF, mit der "rechtsextremen" AfD könne es zwar keine Zusammenarbeit geben. Bisher sei es aber nicht gelungen, die Partei zu stellen, "sie muss also raus aus der Märtyrerrolle". Demokratische Rechte müssten auch für die AfD gelten, "weil man ansonsten sie stark macht".

Unionsfraktionsvize Johann Wadephul plädierte im Redaktionsnetzwerk Deutschland dafür, AfD-Kandidaten im Bundestag zu Ausschussvorsitzenden zu wählen, wenn sie in der Vergangenheit "nicht negativ aufgefallen sind". Es müsse die "Realität" anerkannt werden, dass die AfD die zweitgrößte Fraktion sei. Scharfe Kritik an diesen Stimmen kommt nicht nur von SPD, Grünen und Linkspartei, sondern auch von CDU-Politikern wie dem Sicherheitsexperten Roderich Kiesewetter.

Holetschek will Wähler zurückgewinnen

CSU-Fraktionschef Holetschek betont, er halte Abgeordnete, die "mit Verfassungsfeinden gemeinsame Sache machen", für ungeeignet, das Parlament zu repräsentieren oder hohe Ämter zu übernehmen. Genauso sehe er es beim Ausschussvorsitz: "Deswegen haben wir im Bayerischen Landtag keine Abgeordneten der AfD in diese Positionen gewählt." Wer demokratische Abwehrmechanismen schwächen wolle, für den Austritt aus der EU und für Nationalismus eintrete, "der passt nicht zu unseren demokratischen Prinzipen, erst recht nicht im Parlament".

Wichtig ist laut Holetschek, Wählerinnen und Wähler von der AfD zurückzugewinnen. "Die sind in der Mehrzahl nicht rechtsradikal, sondern verunsichert. Sie wollen einen handlungsfähigen Staat, der ihre Probleme löst." Wenn es im Bund wieder vorwärts gehe, werde das Potenzial der AfD zurückgehen.

CSU-Innenexpertin Wittmann: AfD hat sich selbst disqualifiziert

Auch laut CSU-Innenexpertin Wittmann gilt es zu beachten, "dass eine große Anzahl Menschen in demokratischen Wahlen für die AfD gestimmt hat". Die Besorgnis dieser Menschen müsse berücksichtigt werden, "damit wir wieder zu einem Miteinander in der Gesellschaft kommen".

Allerdings habe sich die AfD durch ihr Verhalten in Landtagen und im Bundestag "selbst disqualifiziert". Noch nie sei der Umgangston so rau gewesen, noch nie habe es so viele Beleidigungen und Sitzungsstörungen gegeben. Derzeit sei die AfD nicht qualifiziert, in den Parlamenten die Rolle zu spielen, "die sie gerne hätte".

Posselt: Debatte belastet Amtsantritt der Merz-Regierung

CSU-Vorstandsmitglied Posselt hält die Debatte für "absolut kontraproduktiv". Sie belaste den Amtsantritt der Regierung von Friedrich Merz (CDU) unnötigerweise, indem Zweifel an der Haltung der CDU-Spitze gesät würden. "Die CSU ist ja kristallklar in dieser Frage."

Die AfD gehöre nicht zum Spektrum der demokratischen Parteien, sei wegen "ihres antieuropäischen Nationalismus" gefährlich. Daher sei jede Kooperation falsch, die den Eindruck erwecke, es handle sich um eine normale Partei. Der Proporz in Parlamenten beruhe auf einem demokratischen Konsens, sagt der Ex-Europaabgeordnete. "Aber extremistische Parteien haben keinen Anspruch darauf, dass demokratisch orientierte Parlamentarier sie wählen."

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Quelle: Bayern 2 Zeit für Bayern 16.04.2025 - 12:00 Uhr