Stillgelegter Granit-Steinbruch

Bayern Neuer Streit um altes Gestein: Naturschutz vs. Rohstoffmangel

Stand: 11.06.2025 12:39 Uhr

Der Bayerische Wald war bekannt für seine Granit-Steinbrüche, von denen aber viele in den vergangenen Jahrzehnten geschlossen wurden. Doch nun sollen wieder Steinbrüche öffnen. Anwohner kritisieren das, Unternehmer begründen es mit Rohstoffknappheit.

Von Renate Roßberger

Über Jahrzehnte hinweg wurde im Granit-Steinbruch Igleinsberg oberhalb von Prackenbach im Landkreis Regen fleißig abgebaut. Seit rund 15 Jahren ist er nun geschlossen - die Felswände sind sogar teilweise schon zugewachsen. Ein Naturidyll entwickelte sich, das heute ein Rückzugsort für seltene Tierarten wie Fledermäuse oder Wanderfalken ist, außerdem ein beliebtes Wanderziel für Einheimische.

Jetzt aber hat der Deggendorfer Kiesunternehmer Michael Hacker wieder einen Steinbruchbetrieb beantragt: Igleinsberg liege im ausgewiesenen Vorranggebiet der Regierung für die Granit-Nutzung - und die Baubranche brauche Granitschotter und -splitt, sagt Hacker, der damit auf das Investitionspaket des Bundes für Infrastruktur anspielt. "Wenn jetzt im Jahr 500.000 Wohnungen gebaut werden sollen oder wenn die Autobahnen und die Straßen saniert werden, brauchen wir hochwertige Splitte."

Anwohner befürchten Lärm, Staub und Naturzerstörung

Schotter und Splitt sollten aber nicht allzu weit transportiert werden, weil sie dann als Massengut zu teuer würden, sagt Hacker weiter. Zudem spare man durch regionale Gewinnung klimaschädliches CO₂ ein.

Anwohner fürchten allerdings täglichen Lärm, wenn im Steinbruch Granit herausgesprengt und mit Brechern zerkleinert wird, obendrein gesundheitsgefährdenden Staub. Zudem sei die kleine Zufahrtstrasse für ständigen Lkw-Verkehr nicht ausgelegt. Und der alte Steinbruch sei heute ein wertvolles Biotop, das man nicht zerstören dürfe, so die Anwohner.

Im Video: Neuer Streit um altes Gestein

quer vom 05.06.2025

Recycling als Ausweg?

Das Argument der Rohstoffknappheit lässt Anwohnerin Sonja Hartmannsgruber, von Beruf Steinmetzin, nicht gelten. Sie findet, die Baubranche müsse viel mehr Altmaterial recyceln. "Bei uns in der Region, wo wir noch viele Rohstoffe haben, ist doch der einfachste Weg, sie neu abzubauen. Aber was ist mit den Generationen, die nach uns kommen?"

Eine Bürgerinitiative fordert nun, dass der Unternehmer erst seinen vorhandenen Steinbruch in Prünst im Landkreis Regen fertig abbauen soll. Dort ruht der Betrieb allerdings momentan wegen einer Auseinandersetzung um Gesellschafteranteile. Michael Hacker sagt, man brauche langfristig beide Steinbrüche. Für den Steinbruch Igleinsberg verweist er auf einen hohen Lärmschutzwall, reduzierte Betriebszeiten und ökologische Ausgleichsmaßnahmen.

Weitere Fälle: Wiesent und Zachenberg

Diskussionen um Steinbrüche gibt es auch andernorts: In Wiesent im Landkreis Regensburg wurde ein ganz neuer Granit-Steinbruch beantragt. Die Gemeinde hat sich dagegen ausgesprochen. Das Projekt liege in bisher "unberührter Natur", so ein Sprecher. Eine Bürgerinitiative fürchtet auch hier Lärm, Staub und Schwerverkehr.

In der Bayerwald-Gemeinde Zachenberg möchte ein Unternehmer sogar die alten Granithalden im Wald abbauen, die von einem vor Jahrzehnten stillgelegten Steinbruch übrig geblieben sind. Auch hier laufen viele Bürger Sturm gegen das Vorhaben. Genehmigt ist in allen drei Fällen noch nichts. Die Verfahren laufen. Das Landratsamt Regensburg, das für Wiesent zuständig ist, muss abwägen zwischen "dem steigenden Bedarf an einer regionalen Rohstoffversorgung" für die "Stärkung des Wirtschaftsstandorts" und "erheblichen Eingriffen in Natur und Umwelt".

Rohstoffverband beklagt zu wenige Genehmigungen

Geologisch betrachtet hat Deutschland genug Sand, Kies und Naturstein, betont der Bundesverband mineralische Rohstoffe. Aber Genehmigungen für den Abbau würden immer schwieriger. Die Möglichkeiten würden auch durch andere Nutzungen eingeschränkt, zum Beispiel für Photovoltaikanlagen und Windkraft, selbst auf Vorbehaltsflächen für die Rohstoffgewinnung. Dazu komme eine "fehlende Akzeptanz in der Öffentlichkeit und Politik".

Deshalb bestehe die "reale Gefahr", dass "Rohstoffe für den Bau fehlen." Für hochwertigen Granit, etwa für den Straßenbau, gebe es in Ostbayern schon jetzt zu wenige "Gewinnungsstellen". Und Bauschutt-Recycling decke in Bayern nur elf Prozent des gesamten Bedarfs. Die Rohstoffe generell aus dem Ausland zu importieren, sei "unsinnig".

Alternative: "China-Granit"

Der Verband räumt auch aber ein, dass arbeitsintensive Produkte wie Pflastersteine oder Grabdenkmäler kaum mehr aus Deutschland kommen. Viele dieser Naturwerksteine werden aus Ländern wie China, Indien oder Marokko importiert. Auch im Bayerischen Wald sind schon einige Marktplätze mit billigerem "China-Granit" saniert worden.

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Quelle: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz 11.06.2025 - 12:40 Uhr