Industrieroboter arbeiten an einem vollelektrischen Porsche Macan nach der Hochzeit (der Verbindung von Fahrwerk und Motor mit der Karosse) im Werk Leipzig. Die Auslastung der Automobilhersteller-Werke war 2023 in Deutschland deutlich zurückgegangen.

Baden-Württemberg VW fährt Sonderschichten - Vorbild für die Autobauer in BW?

Stand: 24.04.2025 11:09 Uhr

Die deutschen Autobauer hoffen auf der Automesse in Shanghai auf eine Trendwende beim Absatz. Da fährt VW plötzlich Sonderschichten. Was machen die BW-Autobauer falsch?

China ist der größte Automarkt der Welt, da kommt kein Hersteller dran vorbei. Die großen deutschen Autobauer sind deshalb auf der Automesse im ostchinesischen Shanghai vertreten. Mercedes-Benz, Porsche, Audi, VW und BMW präsentieren ihre Neuigkeiten. Sie müssen Klinken putzen, denn bei allen geht der Absatz in China zurück. In Deutschland auch. Nur VW steigert den Absatz im ersten Quartal 2025 und fährt Sonderschichten.

Erstes Quartal 2025: Sinkender Absatz bei Auto-Herstellern aus BW

Mercedes-Benz verkauft jedes dritte Fahrzeug in China, der Absatz sank zu Jahresbeginn aber um ein Zehntel. Von Januar bis März wurden 529.200 Pkws und Vans abgesetzt. Das seien etwa sieben Prozent weniger als im ersten Quartal 2024, teilte das Unternehmen Anfang April in Stuttgart mit.

Porsche hat unter anderem wegen des kriselnden Geschäfts in China zu Jahresbeginn erneut weniger Sport- und Geländewagen verkauft. Von Januar bis März wurden weltweit 71.470 Fahrzeuge ausgeliefert. Das waren rund acht Prozent weniger als im ersten Quartal 2024, wie der Autohersteller Anfang April in Stuttgart mitteilte.

Audi hat im ersten Quartal erneut weniger Autos verkauft, zumindest bei Elektroautos geht es aber deutlich nach oben. Weltweit sanken die Auslieferungen um 3,4 Prozent auf 383.401 Fahrzeuge. Der Rückgang betraf die meisten großen Märkte, fiel in China mit 7 Prozent auf 144.471 Autos besonders deutlich aus.

Bei Volkswagen gehen die Verkaufszahlen nach dem schwachen Vorjahr wieder nach oben: Weltweit lieferte der Konzern von Januar bis März gut 2,1 Millionen Fahrzeuge aller Konzernmarken aus. Das sind 1,4 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, wie die Wolfsburger mitteilten. Vor allem die bisher schwächelnde Pkw-Marke VW machte Boden gut. Bei der Kernmarke, auf die mehr als die Hälfte aller Verkäufe entfällt, ging es im ersten Quartal um gut fünf Prozent nach oben, auf gut 1,1 Millionen Fahrzeuge.

Und so fährt VW in seinem Wolfsburger Stammwerk überraschend die Produktion hoch. Im Mai, Juni und Juli seien Sonderschichten an acht Wochenenden geplant, bestätigte eine Konzernsprecherin. Dort werden vor allem die Verbrenner-Modelle Golf und Tiguan gebaut. Allein in der Montage wurden 16 Sonderschichten angesetzt, weitere kommen im Karosseriebau und der Lackiererei hinzu.

Das macht VW anders als die BW-Autohersteller

Die Nachfrage nach E-Autos schwächelt, Verbrenner sind gefragt und hier kann VW die Produktion der Massenmodelle hochfahren, denn das Werk in Wolfsburg ist nicht ausgelastet. Diese Agilität ermöglicht es, aktuelle Nachfragespitzen abzufangen, während andere Hersteller möglicherweise stärker in strukturellen Umbaumaßnahmen gebunden sind.

Parallel zur Verbrenner-Produktion in Europa treibt VW in China eine separate E-Auto-Offensive voran. So werden in Shanghai erstmals Elektroautos gezeigt, die vollständig in China für China entwickelt wurden. Dahinter steckt ein tiefgreifender Strategiewechsel, wie das "Handelsblatt" berichtet. Der Konzern plant demnach eine neue Elektroplattform, die "China Scalable Platform" (CSP). Sie soll in China erstmals ohne externe Entwicklungs- oder Softwarepartner entstehen.

Diese regionale Differenzierung - Verbrenner für Europa, Elektro-Sondermodelle für China - könnte Absatzrisiken besser streuen als bei Herstellern mit einseitiger Ausrichtung, lautet eine mögliche Erklärung.

VW trotzdem kein Vorbild für andere Hersteller

Die Strategie von VW erscheint auf den ersten Blick vielleicht clever, aber andere Hersteller - wie Porsche - haben auch schon angekündigt, wieder mehr Verbrenner bauen zu wollen. Die aktuellen Sonderschichten bei VW in Wolfsburg folgen auf ein schwaches Vorjahr und sind teilweise durch Saisoneffekte oder Modellzyklen bedingt. Ob dies eine nachhaltige Trendwende darstellt, bleibt angesichts der geplanten Stellenstreichungen (35.000 Jobs bis 2030) fraglich.

Der Volkswagen-Konzern hat im ersten Quartal 2025 im Tagesgeschäft deutlich weniger verdient. Das operative Ergebnis sackte von 4,6 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum auf 2,8 Milliarden Euro ab, geht aus dem Quartalsbericht des Unternehmens hervor. Die entsprechende Marge fiel von 6,0 auf 3,6 Prozent. Das deutet darauf hin, dass die Sonderschichten kein Hinweis auf eine überlegene Geschäftsstrategie sind, sondern eher eine vorübergehende Erscheinung sind.

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