
Baden-Württemberg Traum vom eigenen Haus: So haben fünf Freunde ein Wohngebiet selbst erschlossen
Fünf Freunde aus Waldau wollten in ihrem Heimatdorf bauen. Dort gab es aber keine Bauplätze. Anstatt aufzugeben, haben sie ihre eigene Siedlung erschlossen. Und das mit Mitte 20.
Was machen, wenn es keine Baufläche im Heimatdorf gibt? Fünf Freunde wollten das nicht akzeptieren und haben ihre eigene Siedlung in Waldau (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) erschlossen. Trotz Millionen-Kredit, Gegenwind vom Verwaltungsgericht und vielen Anträgen, haben sie nie aufgegeben und für ihren Traum in ihrem 400 Einwohnerdorf gekämpft. Nach acht Jahren stehen nun die ersten Häuser.
Das Motto: Einmal Waldau - immer Waldau
Die fünf Freunde sind Manuel und Sabrina Beha, Marcel Spiegelhalter, Julian Löffler und Gerson Wursthorn. Sie wuchsen zusammen in Waldau auf und wussten schon früh, dass sie dort zusammen alt werden wollen. Als sie die Idee 2017 hatten, war der Jüngste von ihnen, Julian Löffler, 21 Jahre alt. Heute sagt Manuel Beha: "Wenn wir gewusst hätten, was da auf uns zukommt, hätten wir das wohl nie gemacht."
Das Projekt hatte nämlich schon vor rund acht Jahren schwere Startbedingungen. Die Stadtverwaltung Titisee-Neustadt hatte die Bauwilligen 2017 informiert, dass es in den nächsten zehn Jahren nichts mit einem Neubaugebiet in Waldau werde. Die Prioritäten der Stadt seien derzeit andere. Es sei denn, die Waldauer machen es selbst. "Dann haben wir entschlossen uns zusammen zu tun und das privat umsetzen", so Julian Löffler, einer der Bauherren.
Kredit über 1,4 Millionen Euro mit Mitte 20
Die Suche nach einem passenden Ort für das Neubaugebiet verlief einfacher. Schon in den 1990er-Jahren wollten einige Waldauer oberhalb ihrer Kirche eine neue Straße bauen - die Sonnmatte. Damals scheiterte das Vorhaben, denn der Besitzer wollte nicht an die Stadt verkaufen. Das war der Vorteil der fünf Freunde: Sie kauften das Grundstück. Dafür hatten sie eine GbR - eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts - gegründet. Der Name ihrer GbR: "Junges Waldau".
Als "Junges Waldau" nahmen sie einen Kredit von über 1,4 Millionen Euro auf. Damit finanzierten sie die Straße, den Strom- und Wasseranschluss. "Da ging es um so viel Geld", sagt Gerson Wursthorn heute. Damals hätte er sich manchmal zweifelnd gefragt "Was, wenn es doch schiefgeht?" Motiviert habe sie aber immer wieder der Grund für die ganze Sache, erklärt Manuel Beha: "Wir wollten halt einfach hier bleiben."

Die Bauherren und Baufrau der Waldauer Siedlung: Marcel Spiegelhalter, Manuel und Sabrina Beha, Gerson Wursthorn und Julian Löffler.
Acht Jahre im Bürokratie-Dschungel
Die Planung des Baugebiets wurde zu einer Mammutaufgabe. Anwohner befürchteten, dass der Verkehr durch die neuen Häuser zunehmen würden, Zufahrtswege mussten geklärt, Ideen für die Versickerung des Regenwassers entworfen werden. Die vielen Regeln und die Bürokratie hätten es ihnen schwer gemacht, sagt Marcel Spiegelhalter und fügt hinzu: "keine einzelne Institution, sondern alle zusammen".
Zwischenzeitlich verzögerte ein alter Bebauungsplan aus dem Jahr 1968 die Arbeiten. Sämtliche Bereiche mussten in einem langen Verfahren umdeklariert werden. Dann kam ein Einwand des Regionalverbandes Südlicher Oberrhein hinzu: In einem kleinen Dorf wie Waldau dürften elf neue Häuser gar nicht gleichzeitig gebaut werden. Gerade mal drei oder vier neue Häuser seien erlaubt, weil im Kernort bisher nur rund 50 Häuser stünden.
Dagegen argumentierte die Stadt Titisee-Neustadt: Der Fortbestand der örtlichen Vereine und Grundschule würden davon abhängen, ob die jungen Dorfbewohner genug Bauplätze bekommen. Deshalb sei ein so überproportionales Baugebiet notwendig.

In der Sonnmatte entstehen elf neue Bauplätze - Waldau wächst damit um ein Fünftel.
Juli 2023: Alle Genehmigungen platzen
Nach sechs Jahren Planung, kurz bevor die Bagger rollen sollten, erhielten die Freunde nochmal schlechte Nachrichten: Das beschleunigte Verfahren, mit dem sie ihr Baugebiet beantragt hatten, wurde vom Bundesverwaltungsgericht für illegal erklärt. Plötzlich standen die Bauwilligen vor dem Nichts. "Das war schon heftig", erinnert sich Gerson Wursthorn.
Doch auch diesmal sprang die Stadt Titisee-Neustadt ein. Sie finanzierte neue Gutachten und half das Baugebiet in kürzester Zeit neu zu genehmigen. Diesmal mit der Auflage, dass Ausgleichsflächen geschaffen werden müssten, um den Eingriff in der Natur zu kompensieren. Diese Last teilten sich die Stadt und das "Junge Waldau" untereinander auf. Die Stadt wertet ein Bachufer ökologisch auf und das "Junge Waldau" pflanzt eine Streuobstwiese.
Ich hatte wirklich großes Mitleid mit den Bauherren. Das war schon ein heftiger Schlag. Gerrit Reeker, Bürgermeister Titisee-Neustadt
Alle Bauplätze wurden verkauft
Acht Jahre nach dem ersten Anruf bei der Stadt stehen nun die ersten Häuser. Im Sommer werden die ersten Familien auf die "Sonnmatte" ziehen. Alle elf Bauplätze sind verkauft und werden in den nächsten Jahren bebaut. Der Aufwand und das Risiko seien es wert gewesen, meint Marcel Spiegelhalter: "Die Gemeinschaft, die wir hier haben, die wird man nicht nochmal irgendwo finden."
Sendung am Mo., 28.4.2025 18:15 Uhr, Landesschau Baden-Württemberg