Der Firmensitz des Pharma-Unternehmens BioNTech in Mainz

Baden-Württemberg Rheinland-Pfalz So will BioNTech seinen Konkurrenten CureVac übernehmen

Stand: 12.06.2025 20:45 Uhr

Paukenschlag in der Pharmabranche im Südwesten: BioNTech aus Mainz will CureVac aus Tübingen übernehmen. Was verspricht sich BioNTech davon und was bedeutet das für Tübingen?

Von Sabine Geipel, Matthias Breitinger

Das Mainzer Biotech-Unternehmen BioNTech will den Tübinger Konkurrenten CureVac für rund 1,25 Milliarden US-Dollar (1,08 Milliarden Euro) übernehmen. Die beiden Unternehmen gaben am Donnerstag den Abschluss einer entsprechenden verbindlichen Vereinbarung bekannt. Vorstand und Aufsichtsrat beider Firmen hätten dem Deal bereits einstimmig zugestimmt, hieß es.

Beide Unternehmen forschen an Medikamenten, die auf Boten-Ribonukleinsäure (messenger ribonucleic acid, kurz mRNA) basieren. Sowohl BioNTech als auch CureVac hatten in der Corona-Pandemie auch einen mRNA-Impfstoff gegen das Coronavirus entwickelt - CureVac erhielt wegen zu geringer Wirksamkeit aber keine Zulassung dafür.

Was verspricht sich BioNTech von der Transaktion?

BioNTech-Mitgründer und -Chef Uğur Şahin sprach von einer "Investition in die Zukunft der Krebsmedizin". "Wir wollen komplementäre Fähigkeiten und Technologien zusammenbringen", sagte Şahin. "Unser Ziel ist es, die Entwicklung von innovativen und transformativen Krebsbehandlungen voranzutreiben und in den kommenden Jahren neue Behandlungsstandards für verschiedene Krebsarten zu etablieren."

Für die Mainzer ist der Deal eine weitere strategische Übernahme, mit der sie ihr Portfolio bei der mRNA-Technologie weiter ausbauen können. Forschungsaktivitäten und Kompetenzen können gebündelt, die Bandbreite an mRNA-Präparaten oder -Kandidaten kann erweitert werden. Zudem hat die geplante Übernahme wichtige Bedeutung für den Pharmastandort Deutschland: Es entsteht ein noch gewichtigeres Unternehmen auch mit Blick auf Wettbewerber aus dem Ausland.

Was bedeutet der Deal für CureVac?

Für CureVac dürfte die Übernahme ein Glücksfall sein: Nach dem Misserfolg beim Corona-Impfstoff konnte das Unternehmen nicht mehr richtig Fuß fassen. Es mussten Stellen abgebaut werden, auch wenn die finanzielle Lage bei CureVac durch einen Deal mit dem britischen Pharmaunternehmen Glaxo Smith Kline nicht schlecht ist.

CureVac-Chef Alexander Zehnder hob im Gespräch mit dem SWR denn auch die Gemeinsamkeiten hervor. Beide Unternehmen verfolgten seit über zwei Jahrzehnten ähnliche Ziele. Es gehe um ein gemeinsames Projekt, das beide Seiten nun eingehen wollten, sagte Zehnder. Die Übernahme durch BioNTech unterstreicht laut Zehnder "die gemeinsame Entschlossenheit, das volle Potenzial von mRNA als wegweisende Technologie zu nutzen, um transformative Therapien schneller und für mehr Menschen zugänglich zu machen".

Also auch gute Nachrichten für den CureVac-Standort Tübingen?

Zumindest kurzfristig, so deutete Zehnder an, gebe es für die dortigen Arbeitsplätze "relative Sicherheit". Allerdings hänge das letztlich von den Plänen von BioNTech ab. Rund 700 Beschäftigte arbeiten derzeit für CureVac, die meisten davon in Tübingen. Auch was die Produktionsanlagen in Tübingen betrifft, blieb Zehnder vage - da entscheidet am Ende ebenfalls BioNTech.

BioNTech und Curevac streiten vor Gericht. Was wird nun daraus?

Im Kampf um die Impfstoff-Entwicklung waren die beiden Konkurrenten aneinandergeraten: CureVac warf dem Mainzer Rivalen vor, Schutzrechte beim Covid-Impfstoff verletzt zu haben. BioNTech wies die Vorwürfe zurück. Im Dezember 2023 verlor CureVac eine Patentklage gegen BioNTech vor dem Bundespatentgericht in München: Die Richter erklärten ein CureVac-Patent für nichtig. Allerdings lief der Rechtsstreit auch danach weiter. Mit dem jetzigen Deal dürften die kostspieligen Patentrechtsverfahren vom Tisch sein.

Übernahme durch Konkurrenten: Wie es für CureVac weitergeht

Wie soll die Transaktion ablaufen?

Die Übernahme soll per Aktientausch umgesetzt werden. Dabei werden die CureVac-Aktien in BioNTech-Aktienhinterlegungsscheine umgewandelt. Jede CureVac-Aktie wird mit etwa 5,46 Dollar bewertet. Das entspricht einem Aufschlag von mehr als einem Drittel auf den Schlusskurs an der US-Technologiebörse Nasdaq vom Mittwoch. Nach Abschluss der Transaktion werden die Anteilseigner von CureVac voraussichtlich zwischen vier und sechs Prozent an BioNTech halten.

Und wie geht es jetzt weiter?

Die Transaktion soll noch in diesem Jahr abgeschlossen sein. Das hängt jedoch von verschiedenen Faktoren ab. Erstens von der Bereitschaft der Anteilseigner: 80 Prozent der CureVac-Aktien müssen in BioNTech-Aktien umgewandelt werden.

CureVac-Chef Zehnder sieht sich da schon auf einem guten Weg. Man habe schon die Unterstützung der beiden größten Anteilseigner, so Zehnder gegenüber dem SWR: einerseits eine Holding von SAP-Mitgründer Dietmar Hopp und andererseits der Bund. Der war über seine Förderbank KfW während der Corona-Pandemie bei CureVac eingestiegen und hält heute gut 13 Prozent der Anteile. Beide zusammen vertreten laut Zehnder bereits gut 50 Prozent des Aktienkapitals.

Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums in Berlin sagte allerdings, noch sei keine finale Entscheidung darüber getroffen, ob sich die KfW an dem Aktientausch beteiligt, "da zunächst die in solchen Transaktionen üblichen Prüfprozesse abgewartet werden müssen". Man stehe der Transaktion "grundsätzlich positiv gegenüber".

Zweitens müssen weitere Behörden den Deal genehmigen: in Deutschland die Finanzaufsicht Bafin und die Börsenaufsicht in den USA, da beide Firmen dort an der Börse Nasdaq gelistet sind. CureVac und BioNTech zeigten sich zuversichtlich, dass noch in diesem Jahr CureVac eine hundertprozentige Tochter von BioNTech werden wird.

Sendung am Do., 12.6.2025 15:00 Uhr, SWR Aktuell am Nachmittag, SWR Aktuell

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