
Abhängigkeit von Russland Grüne wollen Merkels Gaspolitik untersuchen
Die Risiken einer deutschen Abhängigkeit von russischem Gas waren vor dem Ukraine-Krieg bekannt. Doch das Kanzleramt unter Merkel habe diese ignoriert, sagen Politiker der Grünen - und fordern einen U-Ausschuss.
Politiker der Grünen haben die frühere schwarz-rote Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wegen der Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas scharf kritisiert. "Angela Merkel wusste über die Risiken Bescheid und ist sie geflissentlich übergangen. Damit ist sie ihrem Amtseid, Schaden vom Land abzuwenden, nicht gerecht geworden", sagte Michael Kellner (Grüne), der in der Ampel-Regierung Parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschafts- und Energieministerium war, der Süddeutschen Zeitung (SZ).
Der Grünen-Vorsitzende Felix Banaszak sagte der SZ: "Ohne ernsthafte parlamentarische Aufklärung werden die bis heute offenen Fragen nicht zu klären sein." Er spielte damit auf einen Untersuchungsausschuss an.
Keine Konsequenz aus Warnungen gezogen
Hintergrund für die erneute Kritik ist ein Bericht der SZ, wonach das Kanzleramt Warnungen vor einer großen Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas und den beteiligten Unternehmen zwar zur Kenntnis genommen, daraus aber keine Konsequenzen gezogen habe.
Die Zeitung forderte dazu bisher nicht öffentliche Unterlagen aus dem Kanzleramt und Ministerien an. Es geht dabei um den Verkauf deutscher Gasspeicher an den russischen Gazprom-Konzern, der 2015, also erst nach der Annexion der Krim durch Russland, erfolgte, sowie die Haltung der damaligen Bundesregierung gegenüber dem Pipeline-Projekt Nord Stream 2.
Risiken der Abhängigkeit waren bekannt
So habe das Kanzleramt intern bei dem Verkauf der Gasspeicher darauf hingewiesen, dass dadurch Risiken entstünden: "Durch Kontrolle wichtiger Gasspeicher (Befüllung, Funktionsfähigkeit) wird Gazprom für die Versorgungssicherheit der Kunden unmittelbar verantwortlich", zitiert die Zeitung einen Vermerk aus den ihr vorliegenden Dokumenten. Allerdings habe das Bundeswirtschaftsministerium von Sigmar Gabriel (SPD) unter anderem argumentiert, dass der Verkauf ohnehin nicht verhindert werden könne.
Merkels Büro teilte der SZ nach deren Angaben als Stellungnahme lediglich mit, zuständig sei das derzeitige Bundeskanzleramt, weil dort die entsprechenden Akten aufbewahrt würden.
Nach Beginn der russischen Invasion in der Ukraine 2022 war die Gasversorgung Deutschlands von der Ampelkoalition komplett umgestellt worden. Dadurch schossen die Preise vorübergehend drastisch in die Höhe, die Belastungen für die Verbraucher wurden teilweise durch staatliche Maßnahmen abgefedert.