
Schwarz-Rot auf der Zielgeraden Wer bekommt einen Platz im Kabinett?
Am Montag wollen CDU und CSU ihre Ministerinnen und Minister vorstellen. Wen die SPD nominiert, entscheidet sich am Mittwoch. Wer behält seinen Job? Wer ist neu dabei? Was wird aus Saskia Esken? Ein Überblick über mögliche Kandidaten.
Die neue Bundesregierung steht in den Startlöchern: Wenn CDU und SPD dem Koalitionsvertrag zustimmen, kann die neue Koalition am 6. Mai mit der Arbeit beginnen. Doch mit welchem Personal? Darüber wird seit Tagen verhandelt und spekuliert. Klar ist: Neben dem neuen Bundeskanzler Friedrich Merz wird es 17 Ministerinnen und Minister geben: sechs Ressorts besetzt die CDU, plus den Kanzleramtschef, sieben kommen von der SPD, drei schickt die CSU. CDU und CSU wollen ihr Personaltableau an diesem Montag vorstellen. Die SPD will erst noch das Ergebnis des Mitgliederentscheids abwarten.
Wer ist für welchen Job im Gespräch? Wer gilt als Wackelkandidat? Unions-Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei hat bereits vor Tagen "Überraschungen" angekündigt. Ein Überblick, sortiert nach Parteien:
Auswärtiges (CDU)
Nach 60 Jahren stellt die CDU mal wieder den Außenminister: Hier dürfte es auf den Fachpolitiker Johann Wadephul aus Schleswig-Holstein hinauslaufen. Spekuliert wurde zwischenzeitlich auch über den früheren NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet und den ehemaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister, der inzwischen im EU-Parlament sitzt.
Wirtschaft und Energie (CDU)
Das Wirtschaftsministerium dürfte bei Schwarz-Rot eine andere Rolle spielen als in der Vergangenheit. Ursprünglich galt CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann als aussichtsreichster Kandidat für das Ressort. Doch der 47-Jährige zog freiwillig zurück.
Dann wurden die Namen des ehemaligen Gesundheitsministers Jens Spahn und des CDU-Bundesvizes und Energieexperten Andreas Jung gehandelt. Dass Spahn es wird, gilt jedoch inzwischen als relativ ausgeschlossen. Vielmehr dürfte es laut ARD-Hauptstadtstudio darauf hinauslaufen, dass Spahn Unions-Fraktionschef wird.
Als Favoritin für das Wirtschaftsressort gilt mittlerweile nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios die ehemalige CDU-Abgeordnete und Staatssekretärin Katherina Reiche, die aktuell in der Energiebranche arbeitet. Sie wäre die erste Ostdeutsche im Amt.
Gesundheit (CDU)
Klare Favoriten gibt es nicht. Die Bild-Zeitung berichtet, dass die CDU-Generalsekretärin in Baden-Württemberg, Nina Warken, den Posten übernehmen werde. Genannt wurde zuvor auch der 50-jährige Gesundheitspolitiker Tino Sorge - einer der größten Kritiker des bisherigen Ressortchefs Karl Lauterbach von der SPD. Sorge gehört dem CDU-Landesverband Sachsen-Anhalt an. Seine Nominierung gilt inzwischen aber als unwahrscheinlich.
Vom CDU-Arbeitnehmerflügel ins Spiel gebracht wurde auch der erfahrene NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann. Auch der Virologe und CDU-Politiker Hendrik Streeck wird genannt.
Verkehr (CDU)
Schon lange im Gespräch als Verkehrsministerin ist Ina Scharrenbach. Die 48-Jährige ist seit 2017 in Nordrhein-Westfalen Ministerin für Heimat, Kommunales und Bau, seit 2022 ist sie auch für den Bereich Digitales zuständig. Genannt wird teils auch der stellvertretende CDU-Vorsitzende Andreas Jung. Er war zuvor als Umweltminister gehandelt worden, das Ressort geht nun aber an die SPD.
Spekuliert wird aber auch, dass CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff von Sachsen-Anhalt nach Berlin wechseln könnte. Auch hier könnte die Berücksichtigung von Kandidaten aus Ostdeutschland eine Rolle spielen.
Digitalisierung (CDU)
Bundesweit ist der Name der hessischen Digitalministerin Kristina Sinemus nur wenigen Beobachtern bekannt. Die 61-Jährige war vor ihrem aktuellen Job viele Jahre geschäftsführende Gesellschafterin einer von ihr gegründeten Beratungsagentur. Wie das ARD-Hauptstadtstudio aus Unionskreisen erfuhr, soll sie den Posten jedoch nicht übernehmen.
Ursprünglich wollte Merz das Ressort extern besetzen. Möglicherweise könnte also auch eine Seiteneinsteigerin wie die Chefin des Start-up-Verbands, Verena Pausder, eine Chance bekommen.
Bildung und Familie (CDU)
Gehandelt wird die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien, die zum Koalitionsverhandlungsteam der CDU gehörte. Ihre Nominierung scheint so gut wie sicher.
Genannt wurde auch CDU-Bundesvize Silvia Breher. Die 51-Jährige kümmerte sich bislang in der Unionsfraktion um Familienpolitik und betrachtet die Frauenpolitik als einen ihrer Schwerpunkte. Ihre Chancen werden mittlerweile aber als gering eingestuft.
Kanzleramtschef (CDU)
Gehandelt als Strippenzieher und Organisator im Kanzleramt wird der Merz-Vertraute Thorsten Frei. Der 51-jährige Innenpolitiker aus Baden-Württemberg könnte als rechte Hand des Kanzlers in die Schaltstelle der Regierung einziehen. Bisher ist er Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag und besetzt damit eine Schaltstelle mit viel Einfluss. Kanzleramts-Erfahrung hätte aber auch der ehemalige Staatsminister Hendrik Hoppenstedt aus Niedersachsen.
Inneres (CSU)
Bei den Sondierungs- und Koalitionsgesprächen konnte sich CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt profilieren. Beobachtern zufolge sorgte er in den Verhandlungen für Kompromisse. Auch künftig dürfte er innerhalb der Union als Vermittler gefragt sein.
Für den Job als Innenminister gilt Dobrindt nun als gesetzt. Damit würde der wichtigste Mann von CSU-Parteichef Markus Söder in Berlin wieder an den Kabinettstisch wechseln. Dort saß der 54-Jährige bereits von 2013 bis 2017 als Bundesverkehrsminister.
Forschung und Raumfahrt (CSU)
Das Ministerium wurde unter anderem um den Bereich Raumfahrt erweitert. Als wahrscheinlichste Kandidatin wird hier die ehemalige Digital-Staatsministerin im Kanzleramt, Dorothee Bär, gehandelt. Sie war bereits an den Koalitionsgesprächen beteiligt. Die 46-Jährige war schon von 2018 bis 2021 als Staatsministerin für Digitales im Kabinett.
Landwirtschaft und Ernährung (CSU)
Nach der Absage von Bayerns Bauernpräsident Günther Felßner wird Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber als Kandidatin genannt. Die ausgebildete Steuerfachangestellte sitzt seit 2013 im bayerischen Landtag.
Zuletzt hieß es aber auch, es könnte eher jemand aus der Landesgruppe werden, also aus den Reihen der CSU-Bundestagsabgeordneten.
Finanzen (SPD)
Dieser Posten gilt als wichtigster neben dem des Kanzlers. Deswegen könnte SPD-Chef Lars Klingbeil, der neue starke Mann der Sozialdemokraten, hier zugreifen und zugleich Vizekanzler werden. Alles andere wäre eine große Überraschung.
Einfluss hat der Finanzminister dadurch, dass er bei fast allen Entscheidungen mitreden kann. Mit Blick auf den Koalitionsvertrag dürfte der Posten in dieser Legislatur noch einmal wichtiger werden - Stichwort Finanzierungsvorbehalt. Denn Union und SPD haben hinter einige Projekte ein Fragezeichen gesetzt. Bedeutet: Sie kommen nur, wenn genug Geld da ist.
Wie groß der Einfluss des Finanzministers sein kann, hat zuletzt FDP-Chef Christian Lindner in der Ampelkoalition gezeigt.
Verteidigung (SPD)
Wenn einer sicher sein kann, dass er sein Amt behält, dann wohl der beliebte Verteidigungsminister Boris Pistorius. Der 65-Jährige hat sich während des Kriegs gegen die Ukraine ein klares Profil erarbeitet und gilt auch deshalb als gesetzt. In den vergangenen Monaten hatte der Niedersachse immer wieder deutlich gemacht, dass er seine 2023 begonnenen Arbeit als Verteidigungsminister fortsetzen möchte.
Arbeit und Soziales (SPD)
Der bisherige Arbeitsminister Hubertus Heil hat schlechte Karten, weil auch Klingbeil und Pistorius aus Niedersachsen sind. Würde mit Heil ein weiterer dazukommen, könnte es in der SPD grummeln. Abgelöst werden könnte Heil von der früheren Bundestagspräsidentin Bärbel Bas. Die frühere Parlamentspräsidentin wird in SPD-Spitzenkreisen aber auch als Fraktionschefin gehandelt.
Auf der Liste der möglichen Kandidaten tauchen aber auch SPD-Chefin Saskia Esken und die sächsische Sozialministerin Petra Köpping. Wobei Eskens Rolle durchaus umstritten ist. Bisher hat sie sich öffentlich noch nicht zu der Frage geäußert, ob sie einen Posten im Kabinett anstrebt. Innerhalb der SPD gab es teils harsche Kritik, teils Unterstützung für die Vorsitzende.
Entwicklung (SPD)
Neben Pistorius könnte auch Entwicklungsministerin Svenja Schulze ihren Posten behalten. Die 56-Jährige aus Nordrhein-Westfalen ist seit 2021 Leiterin des Ressorts, das die Union eigentlich abschaffen und ins Auswärtige Amt integrieren wollte.
Wenn die viel kritisierte SPD-Chefin Saskia Esken ins Kabinett wechseln möchte, könnte das aber auch ein Posten für sie sein.
Umwelt und Klimaschutz (SPD)
Für den Posten wird SPD-Generalsekretär Matthias Miersch gehandelt, aber auch er ist Niedersachse. Warum das ein Problem sein könnte, weiß Hubertus Heil. Möglicherweise könnte aber auch die bisherige Entwicklungsministerin Svenja Schulze das Ressort wechseln. Unbekannt sind ihr Umweltthemen nicht - zwischen 2018 und 2021 stand sie bereits an der Spitze dieses Ministeriums.
Weitere Kandidatinnen: Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast und die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Verena Hubertz.
Bauen und Wohnen (SPD)
400.000 Wohnungen pro Jahr - das war das Versprechen von Klara Geywitz. Gehalten hat sie es nicht. Ob sie sich auf dem Posten halten kann, gilt unter anderem deshalb als sehr fraglich. Als mögliche Ablösung wird der bisherige Ost-Staatsminister Carsten Schneider gehandelt. Der 49-Jährige kündigte erst kürzlich an, sein bisheriges Amt nicht mehr weiterführen zu wollen.
Justiz und Verbraucherschutz (SPD)
Lars Klingbeil hatte nach dem Wahldesaster der SPD einen Generationswechsel angekündigt. Dafür könnte die brandenburgische Bundestagsabgeordnete und Richterin Sonja Eichwede stehen. Sie ist 37 Jahre alt, wuchs in Bremen auf und könnte es nun an die Spitze des Justizressorts schaffen.
Die 37-Jährige war zuletzt rechtspolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Mancher hält aber auch die bisherige Bundesinnenministerin Nancy Faeser als neue Justizministerin für möglich.
Mit Material von dpa und AFP