Mädchen sitzen auf einer Stufe und halten Smartphones in den Händen. (Archivbild vom 12.09.2019)

Mehr Verstöße gegen Jugendschutz Sexualisierte Gewalt gefährdet Kinder im Netz

Stand: 20.05.2025 17:37 Uhr

Kinder und Jugendliche kommen im Internet zunehmend mit Hassinhalten und sexualisierter Gewalt in Kontakt. Das geht aus dem jetzt vorgestellten Jahresbericht von jugendschutz.net hervor. Familienministerin Prien zeigt sich "erschüttert".

Von Nicole Markwald, ARD-Hauptstadtstudio

17.630-mal - so oft registrierte jugendschutz.net im vergangenen Jahr Verstöße gegen den Schutz von Kindern und Jugendlichen im Netz. "Es handelt sich dabei in 90 Prozent der Fälle um Darstellungen sexualisierter Gewalt", sagte Stefan Glaser, Leiter und Geschäftsführer der Jugendschutz-Institution.

Die Zahl der Fälle habe sich verdreifacht, so Glaser bei der Vorstellung des Jahresberichts 2024. "Die lag bei 5.000, jetzt liegt sie bei 15.000."

 

jugendschutz.net
Die Organisation jugendschutz.net wurde 1997 als gemeinsame Stelle der Bundesländer für den Jugendschutz im Internet gegründet und handelt mit gesetzlichem Auftrag. Die Aufgaben sind im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag festgelegt. Seit 2003 ist die Institution organisatorisch an die Kommission für Jugendmedienschutz angebunden. Inzwischen fungieren sie auch als gemeinsames Kompetenzzentrum von Bund und Ländern für den Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet.
Jugendschutz.net wird nach eigenen Angaben finanziert von den Obersten Landesjugendbehörden, den Landesmedienanstalten und gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Glaser erklärt den massiven Anstieg durch eine erhöhte Zahl an Hinweisen, denen die Bund-Länder-Organisation nachgehen konnte. Er berichtet von möglichem Missbrauch: Alltagsfotos werden manipuliert und in Nacktbilder verwandelt. Diese Bilder werden dann genutzt, um Kinder zu mobben und zu erpressen. Künstliche Intelligenz sei im Medienalltag angekommen: mit gefälschten Bildern und gefälschter Sprache.

Die Spannbreite möglicher Manipulation ist groß. Wer online ist, stößt unweigerlich auf rassistische, antisemitische und frauenverachtende Inhalte - Soziale Medien bleiben Einfallstore für sexuelle Belästigung, Gewalt und Extremismus.

Ministerin Prien zeigt sich "erschüttert"

"Ehrlich gesagt, das ist schon erschütternd, was sie uns berichten", sagte Bundesjugendministerin Karin Prien bei der Vorstellung des Jahresberichts von jugendschutz.net. "Und vor allem ist erschütternd, dass immer mehr radikale Kräfte ihren Weg in den Feed von Kindern und Jugendlichen finden." Man rede, so Prien, jetzt über Extremisten jeder Couleur, die es auch sehr gut schafften, mit jugendaffiner Sprache und jugendgerechter Anmutung Kinder und Jugendliche zu erreichen.

Prien sieht erheblichen Handlungsbedarf. Eine Forderung: Die großen Plattformen sollten die seit Jahren geforderte Altersüberprüfung endlich konsequent umsetzen. Technisch sei das machbar, aber der Wille dazu fehle, so die Ministerin. Das zweite Problem: Fragwürdige Inhalte zu melden ist bei vielen Anbietern zu kompliziert, oder Meldungen werden schlicht ignoriert. 

Anbieter werden ihrer Verantwortung nicht gerecht

"Die Verantwortung der Anbieter ist unzureichend", sagt Marc Jan Eumann, Vorsitzender der Kommission für Jugendmedienschutz. "Mit großer Reichweite geht große Verantwortung einher." Die Anbieter würden ihrer Verantwortung nicht gerecht.

Ministerin Prien kündigte eine Strategie für besseren Kinder- und Jugendschutz im Netz an. Es sei Aufgabe von Familie, Kita, Schule und Politik, Kinder und Jugendliche besser zu schützen - und eine digitale Umgebung zu schaffen, in der sie sich sicher bewegen können.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 20. Mai 2025 um 17:04 Uhr.