Die Brücke der A100 über die Ringbahn in Berlin wird mit Abbruchzangen und Hydraulikhammern abgerissen

Rechnungshof zu Brückensanierungen Zu langsam, zu wenig und nicht genug Geld

Stand: 29.04.2025 16:34 Uhr

Der Bundesrechnungshof zieht ein verheerendes Fazit der Brückensanierungen in Deutschland. Die Modernisierung sei deutlich im Rückstand. Dem Verkehrsministerium wird sogar vorgeworfen, die Zahlen zu beschönigen.

Tausende Brücken im Land sind marode und müssen saniert werden. Das Problem ist seit Jahren bekannt. Das Bundesverkehrsministerium hat deshalb ein spezielles Programm aufgelegt. Bis 2032 sollen 4.000 Autobahnbrücken prioritär modernisiert werden.

Der Bundesrechnungshof schlägt jetzt aber Alarm: Das Tempo sei viel zu langsam, der Rückstand viel zu groß und das Ziel nicht erreicht. "Ohne weitere Maßnahmen wird der Verfall nicht aufzuhalten sein", warnt Rechnungshof-Präsident Kay Schelle. Die Gefahr von weiteren Brückensperrungen erhöhe sich.

Der Bundesrechnungshof ist zwar eine offizielle Behörde, kümmert sich aber unabhängig um die Finanzkontrolle. Und was die Fachleute zum Thema Brückensanierungen zusammengetragen haben, ist für das Verkehrsministerium wenig schmeichelhaft.

Das Gebäude des Bundesrechnungshofs in Bonn

Der Bundesrechnungshof hat sich den Stand der Brückensanierungen angeschaut.

Mehr Sanierungen nötig

Los geht es schon beim gesteckten Ziel. Die anvisierten 4.000 Brückensanierungen seien viel zu wenig, heißt es. Das Verkehrsministerium unterschlage rund 1.000 Bauwerke, die auch modernisiert werden müssten.

Doch selbst bei den 4.000 Brücken ist das Modernisierungsprogramm offenbar deutlich im Rückstand. Der Bundesrechnungshof hat ausgerechnet, dass nur 40 Prozent der Teilbauwerke, die das Verkehrsministerium bis Ende 2024 sanieren lassen wollte, auch tatsächlich bearbeitet wurden.

Hinzu kommt: Die Zahl der fertiggestellten Brückensanierungen habe "sogar von Jahr zu Jahr abgenommen". So wurden demnach im vergangenen Jahr von 280 geplanten Teilbauwerken nur 69 saniert. Und schon jetzt sei absehbar, dass es in den kommenden Jahren nicht besser werde. Die Schere zwischen geplanter und erfolgreicher Modernisierung geht also immer weiter auseinander.

Rechnungshof-Präsident Schelle sagt deshalb: "Das Ziel, das Brückenmodernisierungsprogramm bis zum Jahr 2032 abzuschließen, rückt in weite Ferne." Um es noch zu erreichen, wären 590 Teilbauwerke pro Jahr nötig. Das aber sei nicht realistisch.

Schwere Vorwürfe an das Verkehrsministerium

Die Rechnungsprüfer werfen dem Verkehrsministerium sogar vor, seine Zwischenbilanz zu beschönigen. So würden fälschlicherweise alle fertiggestellten Teilbauwerke als Erfolg des Brückenmodernisierungsprogramms gewertet. Tatsächlich fielen aber nur weniger als die Hälfte unter das Programm. Sogar neue Brücken an neuen Autobahnen würden vom Ministerium mitgezählt.

Auch in finanzieller Hinsicht übt der Bundesrechnungshof deutliche Kritik. Der Bedarf werde nämlich unterschätzt. Allein im kommenden Jahr seien 2,1 Milliarden Euro für die Sanierung von 400 Brücken nötig. Das Verkehrsministerium gehe aber von 1,4 Milliarden Euro aus. Das erschwere die Planung, moniert der Rechnungshof.

Brücken sind in die Jahre gekommen

Viele der Brücken in Deutschland wurden zwischen 1960 und 1985 erbaut. Sie erreichen allmählich das Ende ihres Lebenszyklus. Hinzu kommt: Sie wurden damals für eine weitaus geringere Verkehrsmenge und Verkehrslast geplant. Die Menge des Güter- und Schwerlastverkehrs aber hat enorm zugenommen.

Jüngstes Beispiel für ein akut marodes Bauwerk ist die sogenannte Ringbahnbrücke auf der A100 im Westen Berlins, die Mitte März wegen eines sich ausbreitenden Risses im Tragwerk gesperrt und dann abgerissen wurde. Ein anderes Beispiel ist die Rahmede-Talbrücke an der A45 bei Lüdenscheid, die Ende 2021 wegen Einsturzgefahr gesperrt wurde. Mittlerweile ist die Brücke gesprengt, der Neubau läuft. Weiteres Beispiel: der Teil-Einsturz der Carola-Brücke in Dresden.

Andere Prioritäten gefordert

Dabei sind all die Bauwerke wichtig. Darauf weist auch der Bundesrechnungshof hin. "Stehen Brücken nicht mehr uneingeschränkt zur Verfügung, kommt es zu teils weiträumigen Umleitungen mit Staus auf Straßen, die für diesen Verkehr nicht ausgelegt sind."

Der Bundesrechnungshof empfiehlt deshalb eine andere Prioritätensetzung. Neu- und Ausbauprojekte sollen zurückgefahren werden, um mehr Personal für die Brückenmodernisierung zur Verfügung zu haben. Außerdem sollten Haushaltsmittel "langfristig und zweckgebunden" bereitgestellt werden.

Ministerium sagt: Wir sind im Zeitplan

Und was sagt das Bundesverkehrsministerium zu all dem? Es weist Aussage zurück, wonach die Evaluierung des Programms beschönigend sei. "Die Modernisierung von Brücken auf Autobahnen und Bundesstraßen hat oberste Priorität." Die Umsetzung des Programms liege im Zeitplan.

Doch das Verkehrsministerium räumt auch ein, dass es bei der Umsetzung des Brückenprogramms derzeit Bremseffekte gebe. Verwiesen wird auf die offene Haushaltslage. Das Ministerium stimme dem Bundesrechnungshof zu, dass eine nachhaltige und sichere Finanzierung für die Bundesfernstraßen von elementarer Bedeutung sei.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 29. April 2025 um 17:52 Uhr.