Beschädigte Gebäude nach einem Raketenangriff in Kiew, Ukraine.

Drei Menschen sterben Russland beschießt erneut Städte in der Ukraine

Stand: 10.06.2025 18:03 Uhr

Wieder hat Russland Städte in der Ukraine mit Drohnen und Raketen beschossen. Drei Menschen kamen dabei ums Leben - eine Geburtsklinik wurde getroffen. Aber auch in Russland herrschte in der Nacht Drohnenalarm.

Russland hat die Ukraine in der Nacht erneut mit massiven Luftangriffen überzogen. Der ukrainischen Luftwaffe zufolge attackierte Russland sein Nachbarland mit 315 Drohnen und Drohnenattrappen, zwei nordkoreanischen ballistischen Raketen und fünf Marschflugkörpern.

Dabei seien 284 Angriffsobjekte unschädlich gemacht worden, darunter alle Raketen und Marschflugkörper. Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einem der größten Angriffe auf die Hauptstadt Kiew.

Karte der Ukraine und Russlands, hell schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Karte der Ukraine und Russlands, hell schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Mehrere Wohngebäude zerstört

Nach Angaben der dortigen Stadtverwaltung wurde eine Frau getötet, vier weitere Menschen wurden verletzt. Von den Angriffen waren sieben Bezirke der Hauptstadt betroffen, wie Bürgermeister Vitali Klitschko mitteilte. Häuser und Autos seien in Brand geraten.

Aus Odessa wurden zwei Tote und mindestens neun Verletzte gemeldet. Wie Gouverneur Oleh Kiper mitteilte, wurden in der südukrainischen Weltkulturerbe-Stadt eine Geburtsklinik, eine Notaufnahme und mehrere Wohngebäude von Angriffsdrohnen getroffen. Die Geburtsklinik sei rechtzeitig evakuiert worden. Laut Präsident Selenskyj seien auch die Regionen Dnipro und Tschernihiw angegriffen worden.

Kreml spricht von Angriffen auf Militäranlagen

Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte, Russland habe in der Nacht zu Dienstag Standorte der ukrainischen Luftwaffe und andere Militäranlagen in Kiew angegriffen. "Das Ziel der Angriffe wurde erreicht", teilte das Ministerium mit. "Alle vorgesehenen Objekte wurden getroffen." Unabhängig lassen sich die Angaben der Kriegsparteien nicht überprüfen, sie lassen aber Rückschlüsse auf die Intensität der Angriffe zu.

Selenskyj: Es müssen Taten von Washington folgen

Präsident Selenskyj forderte, mehr Druck auf die Regierung in Moskau auszuüben. Solche Luftangriffe machten alle Bemühungen der USA und anderer Staaten um Frieden zunichte. Selenskyj forderte die Welt und vor allem die USA und Europa auf, zu handeln. Es sei entscheidend, "dass die Welt auf diesen und ähnliche russische Angriffe nicht mit Schweigen, sondern mit konkreten Taten reagiert", erklärte Selenskyj, der sich in seinem Aufruf direkt an die USA und Europa wandte.

Es müssten Taten von Washington folgen, "dass die Macht hat, Russland in einen Frieden zu zwingen", schrieb Selenskyj in den Onlinediensten. Auch von Europa, "das keine andere Wahl hat, als stark zu sein", müssten Taten folgen.

EU will Ölpreisdeckel weiter senken

Bundeskanzler Friedrich Merz bezeichnete die Angriffe als schwerste Kriegsverbrechen. "Russland wollte tatsächlich ein Blutbad anrichten. Dass das nur sehr eingeschränkt gelungen ist, ist allein der tollen ukrainischen Verteidigung zu verdanken", sagte der Kanzler. Umso mehr hoffe er, dass die EU zusammen mit den USA den Druck auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin mit neuen Sanktionen erhöhe.

Tatsächlich legte die EU-Kommission heute Vorschläge für ihr mittlerweile 18. Sanktionspaket vor, das auf Russlands Einnahmen aus Energieträgern abzielt. Kernstück ist der Plan, die Preisobergrenze der G7-Staaten für russisches Rohöl von 60 Dollar pro Barrel auf 45 Dollar zu senken. Auch sollen weitere Schiffe der russischen Schattenflotte und Öl-Handelsunternehmen mit Russland-Verbindungen sanktioniert werden.

Vorgesehen ist auch ein Verbot von Transaktionen mit den Nord-Stream-Gaspipelines sowie mit Banken, die an der Umgehung von Sanktionen beteiligt sind. "Wir erhöhen den Druck auf Russland, denn Stärke ist die einzige Sprache, die Russland verstehen wird", erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie kündigte außerdem weitere Exportverbote auf Maschinen, Metalle, Kunststoffe und Chemikalien sowie Dual-Use-Güter und Technologien an, "die zur Herstellung von Drohnen, Raketen und anderen Waffensystemen" verwendet werden können. Das Sanktionspaket muss von den EU-Staaten noch beschlossen werden. Fraglich ist aber, ob alle G7-Staaten mitziehen.

Flugverkehr in Moskau und Petersburg eingeschränkt

Auch die Ukraine nahm wieder Ziele in Russland unter Feuer. Im russischen Grenzgebiet Belgorod wurde nach Angaben des Gouverneurs Wjatscheslaw Gladkow eine Frau bei einem ukrainischen Drohnenangriff getötet. Es habe auch Verletzte gegeben.

Das russische Verteidigungsministerium meldete den Abschuss feindlicher Drohnen. Demnach wurden über vielen russischen Gebieten und der 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim 102 ukrainische Drohnen abgeschossen. Ein Angriffsziel war nach russischen Medienberichten eine Drohnenfabrik bei der Stadt Jelabuga in der Teilrepublik Tatarstan.

Nach Angaben der Luftfahrtbehörde war aus Sicherheitsgründen einmal mehr der Flugverkehr in Russland eingeschränkt. Vorübergehend waren in der Nacht und am Vormittag keine Starts und Landungen an 13 Flughäfen zugelassen. Dazu zählten die Moskauer Airports wie auch der Flughafen der zweitgrößten russischen Stadt St. Petersburg.

Florian Kellermann, ARD Kiew, tagesschau, 10.06.2025 17:02 Uhr