Karol Nawrocki nach den ersten Prognosen

Prognosen nach Stichwahl in Polen Rechtskonservativer Nawrocki führt bei Präsidentenwahl

Stand: 02.06.2025 05:59 Uhr

Bei der ersten Prognose lag noch der Pro-Europäer Trzaskowski vorn. Nun zeichnet sich bei der Präsidentenwahl ein Sieg des rechtskonservativen Bewerbers Nawrocki ab. Medien rufen ihn bereits als Sieger aus.

Von Martha Wilczynski-Bartels, ARD-Studio Warschau

Nur eine Minute nachdem die Wahllokale in Polen geschlossen haben, erklärte sich Rafał Trzaskowski , der Kandidat der liberalkonservativen Bürgerkoalition, zum Sieger dieser Präsidentenwahl: "Wir haben gesiegt, aber ich denke, dass in die polnische Sprache, in die Sprache der polnischen Politik jetzt für immer die Formulierung eingehen wird: auf Rasierklingen."

Auf Rasierklingen. Das ist das Fazit dieses Wahlabends. Denn bereits die Nachwahlbefragungen zeigten, wie knapp die beiden Kandidaten beieinander liegen. Hatte Trzaskowski um 21 Uhr die Nase noch um knappe 0,6 Prozentpunkte vorn, konnte Karol Nawrocki bereits zwei Stunden später aufholen und ging in der neuesten Prognose mit 51 Prozent der Stimmen in Führung. Ein offizielles Ergebnis wird allerdings erst am Montagvormittag erwartet. Große polnische Medien riefen Nawrocki dennoch bereits zum Sieger aus. Sie stützen sich auf die Auszählung von mehr als 99 Prozent der Stimmen durch die Wahlleitung.

"Wir werden siegen"

"Ja, wir werden siegen. Heute Nacht werden wir siegen", hatte Nawrocki seinen Unterstützern zugerufen. Begonnen hatte er seine Rede aber mit einem nur leicht abgewandelten Bibelzitat: "Und wenn dann mein Volk, über dem mein Name ausgerufen ist, sich demütigt und bittet, wenn es meine Gegenwart sucht und von seinem bösen Weg abkehrt, dann werde ich ihnen vergeben und ihr Land erlösen."

Der böse Weg, daran hat Nawrocki schon während des hitzigen Wahlkampfes keinen Zweifel gelassen - das ist für ihn die Politik der liberalkonservativen und proeuropäischen Regierung unter Donald Tusk. Polen davon zu erlösen und zu retten, stellte er auch am Wahlabend noch einmal klar - das sei sein Ziel, seine Bestimmung. Mit Blick auf die Wählerstimmen erklärte er: "Es ist uns gelungen, das ganze patriotische Lager in Polen zu vereinigen. Das ganze Lager der Menschen, die ein normales Polen wollen, ein Polen ohne illegale Migranten, ein sicheres Polen."

Höhere Wahlbeteiligung

Zwei Wochen lang haben beide Kandidaten um jede einzelne Stimme gekämpft. Es galt zum einen, diejenigen zu überzeugen, die im ersten Wahlgang für einen der anderen elf Kandidierenden gestimmt haben. Zum anderen warb vor allem der liberale Trzaskowski um diejenigen, die in der ersten Runde nicht zur Wahl gegangen waren.

Tatsächlich war die Wahlbeteiligung mit knapp 72 Prozent höher als im ersten Wahlgang. Doch auch sie ändert vorerst nichts an dem engen Kopf-an-Kopf-Rennen.

Lange Wahlnacht

Bei den polnischen Fernsehsendern stellte man sich daher schon am Abend auf eine lange Wahlnacht ein und diskutierte vor allem zwei Fragen: Würde die nationalpopulistische PiS das Ergebnis anfechten, sollte Nawrocki doch knapp verlieren? Und wie kann der zukünftige Präsident - wer auch immer es wird - das gespaltene Land einen? Eine Frage, die beide Kandidaten ansprachen.

Trzaskowski sagte am Ende seiner Rede: "Dieses Ergebnis zeigt, wie unheimlich knapp es ist, und ich bin der Meinung, die erste, wichtigste Aufgabe des Präsidenten der Republik Polen wird sein, die Hand all denjenigen zu reichen, die nicht für mich gestimmt haben."

Das setzt voraus, dass sich der Trend noch einmal dreht. Wenn nicht, wird der nächste Präsident Polens Nawrocki heißen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichten die tagesthemen am 01. Juni 2025 um 23:15 Uhr.