
Österreich Amoklauf in Graz - was bekannt ist
Am Dienstagmorgen fallen die ersten Schüsse an einer Schule in Graz. Der Täter erschießt mehrere Menschen und schließlich sich selbst. Was ist über die Opfer bekannt? Gibt es Hinweise auf das Motiv des Täters? Ein Überblick.
Was ist passiert?
Gegen 10 Uhr fielen Schüsse am Bundes-Oberstufenrealgymnasium in der südösterreichischen Großstadt Graz. Sofort wurden laut Polizei Spezialeinheiten alarmiert, das Gebäude evakuiert. Laut Behörden waren 300 Polizeikräfte beteiligt. Auch mehrere Hubschrauber kamen zum Einsatz. Ein spezieller Alarmplan des Landes für die Versorgung der Verletzten wurde aktiviert.
Die Grazer Polizei hatte Schaulustige dringend aufgerufen, keine Bilder oder Videos von dem Einsatz in sozialen Netzwerken hochzuladen. Stattdessen soll entsprechendes Material für die Ermittlung auf einer Website des Innenministeriums hochgeladen werden.
Wie viele Opfer hat es gegeben?
Der Schütze tötete zehn Menschen. Wie ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur dpa sagte, waren neun der Todesopfer zwischen 15 und 17 Jahre alt. Sie erlagen ihren Verletzungen vor Ort. Eine schwer verletzte Lehrerin starb im Krankenhaus. Der Schütze nahm sich nach der Tat das Leben.
Elf Menschen wurden nach Polizeiangaben verletzt. Sie sind nach Angaben des Krankenhausbetreibers Kages in stabilem Zustand. Neun der Verletzten würden noch auf Intensivstationen in mehreren Krankenhäusern betreut, hieß es. Bei einem Opfer mit Gesichtsverletzungen sei eine Folgeoperation nötig, ein weiteres Opfer müsse noch am Knie operiert werden.
Was ist über den Täter bekannt?
Nach Angaben der Behörden handelt es sich bei dem Täter um einen 21-Jährigen. Die Polizei geht davon aus, dass er alleine handelte. Er war Schüler an der Schule, habe aber keinen Abschluss gemacht, sagte Innenminister Gerhard Karner. Den Behörden zufolge soll der Täter die beiden verwendeten Waffen legal besessen haben. Er habe eine Lang- und eine Kurzwaffe benutzt.
In der Wohnung des Amokschützen fand die Polizei bei einer Durchsuchung auch eine Rohrbombe. Diese sei aber offenbar nicht funktionstüchtig, bestätigte Franz Ruf, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, dem ORF-Radio.
Welches Motiv hatte der Schütze?
Zum Motiv gibt es bisher keine gesicherten Erkenntnisse. Über den Hintergrund könne aktuell nur spekuliert werden, sagte Innenminister Karner. Die Behörden sprachen auf einer Pressekonferenz jedoch von einer Amoktat. Die Ermittlungen dazu laufen.
Zwar sei bei der Hausdurchsuchung ein Abschiedsbrief in analoger und digitaler Form gefunden worden, in dem sich der junge Mann von seinen Eltern verabschiede, sagte Franz Ruf, Direktor für Öffentliche Sicherheit, am Dienstagabend im ORF. "Es kann aber aus dem Abschiedsbrief kein Motiv entnommen werden. Das ist Gegenstand der weiteren Ermittlungen."
Allerdings gewinnt auch in den Augen von Experten die These, dass jahrelanges Mobbing zu Rachegelüsten geführt hat, an Plausibilität.
Um was für eine Schule handelt es sich?
Es handelt sich um ein sogenanntes Bundes-Oberstufenrealgymnasium (BORG). An solchen Schulen sind die Schüler und Schülerinnen gewöhnlich 14 Jahre oder älter. Die Schule zeigt auf ihrer Webseite 17 Schulklassen und ein Foto von rund 40 Lehrkräften.
Das Gebäude des BORG befindet sich in Graz in der Dreierschützengasse, etwa einen Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Graz ist mit rund 300.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Österreichs.
Wie reagiert das Land und die Politik auf die Tat?
Die Trauer im Land und in Graz ist groß. Am Dienstagabend kamen Hunderte Menschen zu einem Trauergottesdienst in die Stadt, im Zentrum bildeten zahlreiche Kerzen in Erinnerung an die Toten ein Lichtermeer. Die österreichische Bundesregierung unter Kanzler Christian Stocker (ÖVP) hatte eine dreitägige Staatstrauer, beschlossen. Eine Trauerminute leitete heute das Gedenken an die Opfer ein.
Um 10 Uhr stand für eine Minute das Land vielerorts still. So blieben unter anderem die 900 Busse, Straßen- und U-Bahnen in Wien für eine Minute kurz stehen. Die Trauerglocke des Wiener Stephansdoms mit einem besonders tiefen Klang wurde nach Angaben der Erzdiözese Wien geläutet.
Die österreichische Bundesregierung gedachte der Opfer bei ihrer wöchentlichen Kabinettssitzung. Die Flaggen an öffentlichen Gebäuden im Land wurden auf halbmast gesetzt.
Zahlreiche politische und gesellschaftliche Veranstaltungen wurden mit Blick auf das dramatische Geschehen abgesagt oder verschoben. Dazu zählt ein Bundesparteitag der rechten FPÖ sowie ein Landesparteitag der ÖVP.
Welche Debatten sind nach der Tat zu erwarten?
In Österreich bahnt sich nach der Tat eine Diskussion über die Waffengesetze an, die längst nicht so scharf sind wie in Deutschland. Bestimmte Gewehre kann praktisch jeder 18-Jährige kaufen. Für eine Faustfeuerwaffe, wie sie der Amokschütze einsetzte, ist eine Waffenbesitzkarte nötig.
Die wurde dem jungen Mann nach einem psychologischen Test auch ausgestellt. Deshalb stellen sich umso mehr Fragen, ob die Hürden für den Erwerb, den Besitz oder das Führen von Waffen hoch genug sind. Auch eine Diskussion um die generelle Gewährleistung der Sicherheit an Schulen ist zu erwarten.
Die Sicherheitsbehörden berichteten unterdessen von weiteren vereinzelten Drohungen gegen Schulen. Es habe Trittbrettfahrer gegeben, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Die Polizei habe jeweils Maßnahmen ergriffen.