Mehrere Kardinäle im Petersdom vor dem Konklave nach dem Tod von Papst Franziskus

Papstwahl im Vatikan Warten auf den Franziskus-Moment

Stand: 03.05.2025 20:16 Uhr

Mittwoch beginnt das Konklave. Schon im Vorfeld versuchen die Kardinäle, sich strategisch zu positionieren. Denn bei der Papstwahl geht es auch um eine Richtungsentscheidung für die katholische Kirche.

Jetzt ist die Stunde der Kardinäle. Bei der Papstwahl 2013 gab es in den Versammlungen vor dem Konklave einen Franziskus-Moment. Der Erzbischof von Buenos Aires, Kardinal Bergoglio, hielt eine Rede, die ihn in Augen vieler Kardinäle zum Favoriten machte: Der kann auch Papst. Und so kam es dann auch. Gab es einen solchen Franziskus-Moment auch diesmal? Das versuchen Journalisten seit Tagen Kardinälen wie dem Luxemburger Jean-Claude Hollerich zu entlocken. Mit überschaubarem Erfolg.

Situation mit 2013 nicht vergleichbar

Die Stimmung sei gut, sagt Hollerich, und auf die Frage, worüber denn so geredet wird, antwortet er: "Über die Lage der Kirche und die Aufgaben für einen neuen Papst." Und ob sich daraus ein Anforderungsprofil entwickele, will der Journalist wissen. "Es gibt viele verschiedene Profile", weicht Hollerich aus. Aber das sei ja ganz normal.

Die Situation von 2013 lässt sich mit der von heute kaum mehr vergleichen. Damals der überraschende Rücktritt von Papst Benedikt; nach zahlreichen Skandalen im Vatikan suchten die Kardinäle einen Mann, der in der Lage ist, den Schalter umzulegen, einen Mann, der die Kirche und vor allem die Kirchenspitze verändern sollte. Und heute?

"Ich glaube, der nächste Mann muss ein Umsetzer sein", sagt Thomas Schwartz, Chef des Hilfswerks Renovabis und Teilnehmer an der letzten großen Reformsynode von Franziskus im Oktober im Vatikan. Gesucht wird ein Papst, der das Reformwerk von Franziskus konsolidieren und vielleicht auch leicht modifizieren kann.

Thomas Schwartz beschreibt das Profil so: "Ein Mann, der mutig Themen, die uns allen auf den Nägeln brennen, angeht und versucht, bei aller Arbeit für die Einheit der Kirche das ein oder andere Thema auch wirklich umzusetzen und zu verwirklichen." Das könnte zum Beispiel auf Pietro Parolin zutreffen, der starke Mann im Vatikan unter Franziskus, immer loyal, wenn auch theologisch konservativer.

Liberal oder konservativ? Egal!

Die Frage liberal oder konservativ spielt nicht die entscheidende Rolle. Viele Dinge, die Franziskus angestoßen hat, sind ohnehin kaum mehr umkehrbar. Zum Beispiel die Öffnung der Synode für Frauen oder der Segen für homosexuelle Paare. Auch wenn es eine ultrakonservative Gruppe von Katholiken gibt, die in diesen Tagen für die Reconquista trommeln. Vor allem aus den USA wird mächtig Druck aufgebaut und der Eindruck vermittelt, als wären der Amerikaner Kardinal Raymond Leo Burke oder der Deutsche Gerhard Ludwig Müller geeignete Kandidaten, das Pontifikat von Franziskus zu korrigieren.

Thomas Schwartz sieht das anders: "Also ein Kollegium, das zu 75 Prozent aus Männern besteht, die von Franziskus in dieses hohe Amt hinein berufen worden sind - ich glaube, dass da so eine Art nachlegende Illoyalität gar nicht gut ankommt."

Kardinal aus dem globalen Süden als Favorit?

Größere Chancen hat ein Kandidat aus dem globalen Süden, aus den wachsenden Kirchen Afrikas, zum Beispiel aus dem Kongo Kardinal Fridolin Ambongo Besungu. Der war eine der prägenden Gestalten der letzten Synode, an der auch Thomas Schwartz teilgenommen hatte. Er erinnert sich: "Während der Synode sind einige afrikanische Bischöfe vor lauter Selbstbewusstsein gar nicht mehr zum Laufen gekommen. Und manchmal gab es auch Gegenstimmen aus dem eigenen Kontinent, die sagen, Leute, so toll ist es bei uns auch nicht. Die jungen Leute sind bei uns nicht in der Kirche. Wir haben die Kirchen nur deshalb voll, weil wir noch so viele Kinder in diesem Kontinent haben."

Die größte Aufgabe des neuen Papstes ist es, die immer weiter auseinander driftende Kirche zusammen zu halten. Den Süden und den Norden, die Zentrale und die Ortskirche. Vielleicht könnte dies am besten einem Mann gelingen, der in beiden Welten zu Hause ist, zum Beispiel dem philippinischen Kardinal Luiz Antonio Tagle: Der war Erzbischof von Manila und hatte unter Papst Franziskus im Vatikan zentrale Funktionen inne.