
Dänemarks Frauen-Wehrpflicht "Wir werden widerstandsfähiger"
Dänemark macht ernst. Wegen der immer unsicheren Weltlage stellt das Land sein Militär breiter auf und setzt dafür auf Frauen. Die Mehrheit der Dänen ist mittlerweile für die Wehrpflicht für Frauen - vor allem die Männer.
Schon jetzt absolvieren junge Frauen freiwillig ihren Wehrdienst in der dänischen Armee und üben unter realitätsnahen Bedingungen für den Ernstfall. "Wir suchen nach der optimalen Schießposition", sagt die 20-jährige Laura. Sie steht mit einer Waffe in einem Schützengraben, den sie selbst zusammen mit anderen Wehrdienstleistenden ausgehoben hat.
Sie verbringen den Tag und die Nacht in einem Waldstück, das das dänische Militär für Trainingseinheiten benutzt: "Wir schlafen in geschlechtergemischten Zelten" - das sei kein Problem, findet Laura. Der gemeinsame Wehrdienst von Frauen und Männern funktioniere für sie gut. "Es geht einfach um gegenseitigen Respekt."

Die dänische Soldatin Laura ist freiwillig in der Armee. Ab kommendem Jahr sollen Frauen auch für den Dienst verpflichtet werden können.
Parlamentsabstimmung Mitte Mai
Als zweites EU-Land nach Schweden will Dänemark die Wehrpflicht auch für Frauen einführen. Nun soll der Schritt vorgezogen werden.
Das Parlament will darüber Mitte Mai abstimmen, eine Mehrheit gilt als sicher. Der erste gleichberechtigte Wehrdienst soll ab 2026 starten.
Bisher machen Frauen rund ein Viertel der rund 4.700 Wehrdienstleistenden in Dänemark aus - ausschließlich auf freiwilliger Basis. Mit der geplanten Gesetzesänderung sollen Frauen künftig genauso verpflichtend eingezogen werden können wie Männer.
Generalmajor Peter Boysen vom dänischen Heer sieht darin einen entscheidenden Vorteil: "Wir erhalten mehr Flexibilität, werden widerstandsfähiger - und bekommen eine breitere Basis für die Rekrutierung von Kommandeuren und Offizieren."

Dänemark will sich mit der Wehrpflicht für Frauen besser auf einen drohenden Angriff durch Russland vorbereiten.
Vorbereiten auf russische Eskalation
Ein Hauptmotiv für die Neuregelung ist die veränderte sicherheitspolitische Lage. Sicherheitsexpertin Amelie Theussen von der Dänischen Verteidigungsakademie warnt vor einer möglichen Eskalation: "Falls Russland nach einem Ende des Krieges in der Ukraine wieder aufrüstet, besteht das Risiko eines neuen Konflikts im Ostseeraum - möglicherweise innerhalb von zwei Jahren."
Die Bedrohung durch Russland ist für viele Dänen spürbar geworden. Laut Umfragen befürwortet inzwischen eine Mehrheit der Gesamtbevölkerung, die Wehrpflicht auch für Frauen einzuführen. Die Frauen selbst sind darüber allerdings weniger begeistert als die Männer.

Nicht nur die Zahl der Wehrpflichtigen soll vergrößert, auch die Dauer des Wehrdienstes soll drastisch verlängert werden.
Herausforderungen mit Belästigung und bei Ausrüstung
Mit der Reform soll auch die Zahl der Wehrpflichtigen insgesamt steigen - von derzeit rund 4.700 auf bis zu 7.500 pro Jahr. Zudem wird die Dauer des Wehrdienstes ab August 2026 von vier auf elf Monate verlängert. Ziel ist es, den Bedarf an Personal sowohl im Militär als auch im Katastrophenschutz zu decken.
Das dänische Militär sieht sich angesichts des Wandels jedoch auch mit Herausforderungen konfrontiert, vor allem bei Ausrüstung und Unterbringung. "Es gibt Geschichten über Rucksäcke, die nicht passen und über Sport-BHs, die für den Dienst ungeeignet sind", sagt Verteidigungsexpertin Theussen.
Auch Fälle von sexueller Belästigung innerhalb der Streitkräfte haben in den vergangenen Jahren für Schlagzeilen gesorgt. Die Armee hat darauf reagiert, unter anderem mit strengeren Sanktionen und verpflichtenden Schulungen für Vorgesetzte.

Soldatin Victoria überlegt, auch nach ihrem Wehrdienst beim Militär zu bleiben.
"Dieselben Möglichkeiten wie Männer"
Schweden hat die Wehrpflicht für Frauen bereits 2019 eingeführt. Norwegen war 2015 das erste NATO-Land, das diesen Schritt gegangen ist.
Dass Dänemark demnächst folgen dürfte, ist für die 21-jährige Victoria ein gutes Signal. Sie absolviert gerade freiwillig ihren Wehrdienst: "Dass Frauen dieselben Möglichkeiten wie Männer bekommen, ist eine gute Sache und wird viele motivieren, sich für eine Karriere beim Militär zu entscheiden."
Sie sieht im Militärdienst eine persönliche Herausforderung: "Ich wollte meine eigenen Grenzen austesten und Teil einer Gemeinschaft werden, die man im zivilen Leben so nicht findet." Genau wie ihre Kameradin Laura kann sie sich vorstellen, nach dem Ende des Wehrdienstes beim Militär zu bleiben.