
Nach zwei Monaten Deutscher aus Abschiebehaft in USA entlassen
Mehr als zwei Monate saß Fabian Schmidt in den USA in Abschiebehaft - trotz gültiger Greencard, ohne eine Anklage. Jetzt wurde der Familienvater freigelassen. Das Auswärtige Amt übt scharfe Kritik an den US-Behörden.
"FABIAN IST FREI und ZUHAUSE", heißt es in einer ersten Nachricht, die Fabian Schmidt und seine Lebensgefährtin auf Facebook posteten: "Wir sind mit Liebe ÜBERWÄLTIGT". Der 34-jährige Elektrotechniker, der vor 16 Jahren als Schüler in die USA kam, und seine Partnerin, eine Kardiologin, haben ein gemeinsames Kind.
Schmidt war am 7. März bei der Rückkehr von einer Deutschlandreise am Flughafen Boston festgenommen und zunächst im Auslieferungsbereich der Einwanderungsbehörde festgehalten worden.
Fünf Tage ohne Kontakt zu Anwalt und Familie
Zu seiner Familie konnte er erst Kontakt aufnehmen, als er nach fünf Tagen in ein Hochsicherheitsgefängnis in Rhode Island verlegt wurde. Auch Anrufe zu einem Anwalt oder dem deutschen Generalkonsulat in Boston waren ihm bis dahin verwehrt worden.
Bei seinem ersten Telefonat, das dem WDR als Mitschnitt vorliegt, berichtete Schmidt der Familie detailliert über entwürdigende Haftbedingungen. So habe er die Nächte bei voller Beleuchtung auf einer dünnen Matratze am Boden verbringen müssen. Außerdem sei er nackt von zwei Beamten aus einem Schlauch mit kalten Wasser abgesprüht worden.

Fabian Schmidt war wochenlang in einem Hochsicherheitsgefängnis der USA untergebracht.
Nach Zusammenbruch gefesselt ins Krankenhaus
Nach einem Zusammenbruch sei er gefesselt in ein Krankenhaus gebracht worden, wo neben allgemeiner Erschöpfung und Dehydrierung auch ein Influenza-B-Virus festgestellt wurde. Trotzdem habe man ihn nach einem Tag zurück in die Haft gebracht.
Ein konkreter Vorwurf wurde ihm nicht mitgeteilt. In den Vernehmungen ging es aber immer wieder um ein zehn Jahre zurückreichendes Drogendelikt in Kalifornien, das nach Auskunft der Mutter wegen Geringfügigkeit lediglich als Ordnungswidrigkeit geahndet wurde. Ob und warum dieser lange zurückliegende Vorgang nun zur Verhaftung führte, war auch für seinen Anwalt bis zuletzt unklar. Die US-Einwanderungsbehörde ließ schriftliche Fragen unbeantwortet.
Heftige Auseinandersetzungen im Hochsicherheitsgefängnis
Das Donald W. Wyatt Detention Center, in dem Fabian Schmidt untergebracht war, ist ein kommerziell geführtes Hochsicherheitsgefängnis. Anfangs teilte er die Zelle mit einem Mitgefangenen, der ein Waffengeschäft überfallen hatte.
Im Zellentrakt gebe es heftige Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Gangs, erzählte Schmidt in dem Telefonat Mitte März: "Da war gestern ein riesengroßer Kampf, der hier ausgebrochen war. Und da haben die jetzt alle Leute hier nur in die Zellen reingeschleust. Jetzt sitzen wir hier unter ganz strenger Haft".
Erste Anhörung nach 62 Tagen
Erst 62 Tage nach der Festnahme am Flughafen bekam Schmidt am gestrigen Donnerstag eine erste gerichtliche Anhörung. Dabei ordnete die Richterin die sofortige Freilassung des Familienvaters an.
Zur Unterstützung des Deutschen, der in der Eifel aufgewachsen ist, hatte sich auch das Generalkonsulat Boston intensiv eingeschaltet. Auf Anfrage des WDR übte das Auswärtige Amt scharfe Kritik an der Weigerung der US-Behörden, Fabian Schmidt umgehend konsularische Betreuung zu ermöglichen.
Denn der Anspruch darauf ist in dem "Wiener Übereinkommen" von 1967 völkerrechtlich garantiert. Eine Sprecherin bestätigte, dass das Auswärtige Amt eine Verletzung des Abkommens "grundsätzlich rügt und gegenüber den Behörden anspricht."
Schmidt ist offenbar kein Einzelfall
Kein Einzelfall: Wie das Auswärtige Amt nun bestätigte, gelang es zuvor schon dem Generalkonsulat Los Angeles nicht, "trotz intensiver Bemühungen" Kontakt zu einem weiteren Deutschen aufzunehmen, der zwei Wochen in Abschiebehaft festgehalten wurde.
Der Mann aus Sachsen-Anhalt war bei der Einreise von Mexiko nach Kalifornien festgenommen und erst zwei Wochen später nach Deutschland abgeschoben worden. Nach Recherchen des WDR blieben mehrere Anfragen an die Einwanderungsbehörde und den Betreiber der kommerziellen Haftanstalt Otay Meza bei San Diego schlicht unbeantwortet.
Auswärtiges Amt verschärft Reisehinweise
Als Reaktion auf mehrere rechtlich fragwürdige Verhaftungen von Deutschen bei der Einreise in die USA hatte das Auswärtige Amt im März die USA eindringlich zur "Einhaltung von Menschenrechtsstandards" ermahnt und die offiziellen Reisehinweise verschärft.
Die US-Botschaft in Berlin wollte sich zu konkreten Fällen nicht äußern und teilte lediglich mit, dass das State Department sich dafür einsetze, dass Inhaftierte nach internationalen Standards behandelt würden. Bei Problemen suche man nach einer schnellen Lösung.
Auf Seiten der Bundesregierung ist man davon offensichtlich noch nicht überzeugt. Die Frage, ob die konsularische Betreuung zukünftig sichergestellt sei, ließ das Auswärtige Amt unbeantwortet.