
Peruaner scheitert gegen RWE Warum die Klimaklage abgewiesen wurde
Auch wenn die Klimaklage eines peruanischen Bauern gegen RWE erfolglos war - das Gericht hat wichtige Grundsätze aufgestellt: Eine Haftung von Großkonzernen ist nicht per se ausgeschlossen. Das Wichtigste im Überblick.
Was war das Besondere an diesem Verfahren?
Das Besondere an diesem Gerichtsprozess war, wie tief das Gericht in die Prüfung des Falles eingestiegen ist. Es gab sogar einen mehrtägigen Ortstermin in Peru im Jahr 2022. Außerdem wurden mehrere Sachverständige angehört. Das Gericht hat den Fall und das Anliegen des Klägers also sehr ernst genommen.
Was wollte der Kläger erreichen?
Der peruanische Bauer und Bergführer Saúl Luciano Lliuya hat ein Haus in der Stadt Huaraz, am Fuße einer Gebirgskette der Anden, in der es mehrere Gletscher gibt. Wegen des Klimawandels schmelzen die Gletscher. Der Pegel des Gletschersees oberhalb der Stadt steigt immer weiter.
Ziel seiner Klage war, dass sich RWE als einer der größten CO2-Emittenten Europas an den Kosten für Schutzmaßnahmen an seinem Haus beteiligt. RWE sollte die Kosten nicht alleine tragen, sondern nur einen bestimmten Anteil zahlen. Und zwar in der Größenordnung, in der das Unternehmen für die CO2-Emissionen in der Welt verantwortlich ist. Das sind derzeit 0,38 Prozent.
Die rechtlichen Knackpunkte im Rahmen der Klage waren: Ist das Haus des Bauern aufgrund des Klimawandels schmelzende Gletscher stark genug bedroht? Und falls ja: Kann man diese Gefahr dem Konzern RWE auch zurechnen?
Wie hat das Gericht seine Entscheidung begründet?
Das Gericht hat zunächst ausgeführt, dass Unternehmen wie RWE als Verursacher von CO2-Emmissionen durchaus verpflichtet werden können, Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Zum Beispiel für ein Haus in Peru, wenn dieses durch den Klimawandel in Gefahr ist. Dabei spiele es auch keine Rolle, dass die Kraftwerke von RWE weit entfernt stehen. Das allein sei kein Grund, die Klage abzuweisen.
Wenn ein Unternehmen CO2-Emmissionen in dieser Größenordnung verursache, sei es im Prinzip auch zu einem gewissen Teil mit verantwortlich. Auch wenn sich RWE an alle Rechtsvorschriften in Deutschland gehalten und nichts Illegales getan hat. Ergreift ein Unternehmen diese Schutzmaßnahmen nicht und lehnt das endgültig ab, kann es auch zur Beteiligung an Schutzmaßnahmen verpflichtet werden. Diese Pflicht könne von einem Gericht festgestellt werden, schon bevor tatsächlich Kosten entstanden sind, so das Oberlandesgericht Hamm.
Warum hat der peruanische Bergführer dann trotzdem verloren?
Die Berufung des Klägers wurde dennoch zurückgewiesen, weil die Beweisaufnahme ergeben hat, dass für sein Haus allenfalls eine sehr geringe Gefahr besteht. Ein Sachverständiger hatte im Verfahren dargelegt: Die Wahrscheinlichkeit, dass überhaupt Wasser des Gletschersees das Haus des Klägers erreiche, liege nur bei einem Prozent. Und dann drohe das Haus auch nicht zu überschwemmen. Allenfalls würde so viel in das Haus eindringen, dass wenige Zentimeter Wasser im Keller stünden.
Deshalb hat das Gericht entschieden: Der peruanische Bergführer hat keinen Anspruch auf Maßnahmen zum Schutz seines Hauses.
Heißt das, solche Klagen sind immer chancenlos?
Nein. Obwohl die Berufung abgewiesen wurde, ist das Urteil auch ein gewisser Erfolg für die Klimaschützer. Denn das Gericht stellt fest: Große Unternehmen, die viel CO2 ausstoßen sind auch verantwortlich für die Folgen, die dadurch entstehen.
Das Gericht geht auch konkret auf einen Einwand von RWE im Laufe des Verfahrens ein. Der Konzern hatte mehrfach folgendes vermeintliches Szenario beschrieben: Wenn die Klage gegen RWE Erfolg habe, dann könne ja auch jeder einzelne Bürger, zum Beispiel ein Autofahrer, rechtlich für seinen Beitrag zum Klimawandel belangt werden. Diesem Argument widerspricht das Gericht heute ausdrücklich. Im Gegensatz zu einem weltweit agierenden Konzern wie RWE seien die Verursachungsbeiträge einzelner Personen derart geringfügig, dass sie für diese keine Haftung begründen könnten. Das sind Aussagen, die über den konkreten Fall hinausgehen.
Kann der Kläger noch gegen das Urteil vorgehen?
Nein, das Urteil ist rechtskräftig. Das OLG hat die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen. Es geht hier zwar insgesamt um ein sehr grundsätzliches Thema. Die Gründe für die Abweisung der Klage hängen aber eng mit den Gegebenheiten im konkreten Fall zusammen. Weil der sogenannte Streitwert des Falles nicht hoch genug ist, gibt es hier auch keine Möglichkeit gegen diese Entscheidung eine Beschwerde einzureichen.
Gibt es noch andere laufende "Klimaklagen"?
Ja. An deutschen Gerichten laufen zum Beispiel mehrere Klagen gegen große deutsche Autokonzerne wie Daimler oder VW. Bislang waren diese Klagen nicht erfolgreich. Höchstrichterliche Entscheidungen des Bundesgerichtshofs stehen dazu aber noch aus.
Klimaklagen gibt es aber auch immer wieder gegen den Staat. Im Jahr 2021 hatte zum Beispiel das Bundesverfassungsgericht das damalige Klimaschutzgesetz für verfassungswidrig erklärt, weil es die Grundrechte künftiger Generationen verletze. Weitere Klimaklagen sind am Bundesverfassungsgericht anhängig.